Prinz Eugen, Krieger und Sammler

(c) APA (Roland Schlager)
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Belvedere. Der „edle Ritter“ kehrt in seinen Wiener Sommerpalast zurück. Er wird in einer aufwendigen Ausstellung als Feldherr, Philosoph und Kunstfreund gefeiert.

Wie kommt ein Bild ins Museum? Manchmal braucht es einen ordentlichen Krieg. Das Gemälde mit der Inventarnummer eins im Louvre etwa gelangte über Wien und Turin nach Frankreich. Prinz Eugen (1663–1736) hatte das 30.000 Gulden teure Werk des Niederländers Gérard Dou „Die wassersüchtige Frau“ (1663) als fürstliches Geschenk erhalten. Eugens Alleinerbin, Nichte Viktoria von Savoyen-Soissons, verkaufte es nach Turin. Dort gefiel es einem französischen Besatzergeneral, der das Bild nach Paris mitnahm und 1799 dem Volk schenkte, als erste Gabe ans Zentralmuseum der Künste.

Für kurze Zeit ist das Genrebild nun in das Belvedere, das einstige Sommerschloss des Prinzen, zurückgekehrt, mit vielen anderen Schätzen, die der eifrig sammelnde Soldat einst in Wien gehortet hatte und die dann großteils über Europa verstreut wurden. Die Direktorin des Belvedere, Agnes Husslein-Arco, bietet mit „Prinz Eugen. Feldherr, Philosoph und Kunstfreund“ eine reiche barocke Schau, die von der Historikerin Marie-Louise von Plessen kuratiert wurde; streng, logisch, liebevoll: In sechs Abteilungen werden Herkunft, Bautätigkeit, das Sammeln, die Bibliothek, der Naturfreund Eugen und sein Ableben behandelt.

Bares für jeden Feldzug

Der Fokus liegt also neben Seitenblicken zum Militärischen auf den kulturellen Leistungen des anfangs mittellosen Adeligen aus Savoyen, der erst eine Karriere beim Sonnenkönig in Paris anstrebte, bei Ludwig XIV. aber abblitzte und 1683 gerade rechtzeitig nach Österreich kam, um für Kaiser Leopold I. am Entsatz für das von den Türken belagerte Wien mitzuwirken. Ludwig bedauerte später den Verlust für Frankreich und fand für den geflüchteten Untertan, für dessen Treue zu Habsburg sogar Lob: „Der Prinz ist ein unnachahmliches Muster für alle Regenten und Staatsmänner.“

Eine steile Militärkarriere begann, gipfelte 1707 in der Wahl zum Reichsfeldmarschall. Der Stratege Eugen ermöglichte für drei Habsburger Kaiser eine Expansionspolitik, die ihr Reich zur Großmacht werden ließ. Der Prinz wurde dafür nach jedem Feldzug, nach den Triumphen bei Zenta (1697) etwa oder Peterwardein, Temesvar und Belgrad (1716/17), nach den militärischen und diplomatischen Erfolgen gegen Osmanen und Franzosen, reichlich entlohnt, mit Barem und mit Pfründen, von Italien bis Flandern. Und er investierte vor allem in Bauten, Kunst, Gärten, Wissenschaft, er war Avantgardist einer reichen Gründerzeit in Wien.

Was kostet also solch ein Palais wie das Belvedere? 100.000 Gulden, die das Kaiserhaus der Erbin bezahlte? Oder doch zehntausende, hunderttausende Menschenleben, mit denen Eugen seine Siege und damit sein Einkommen zwischenfinanzierte? Dieser Aspekt wird in der Schau vernachlässigt. Sogar die Büchsen und Säbel, die schmucken Rüstungen wirken ästhetisiert. Der kleinwüchsige Abbé, dem die giftige Pariser Hofdame Liselotte von der Pfalz homosexuelle Neigungen nachsagte, der von Preußenkönig Friedrich II. bewundert wurde und in rechten Kreisen wegen des Zurückdrängens der Osmanen bis heute eine Heldenfigur ist, steht in dieser Schau immerwährend unter Genieverdacht – vor allem wegen seiner unbestreitbaren kulturellen Leistungen.

Was hat dieser Mann neben dem Kriegshandwerk nicht alles beherrscht! Er korrespondierte mit Universalgelehrten wie Leibniz und Voltaire, trieb die Baumeister Fischer von Erlach (das Palais in der Himmelpfortgasse) und Lukas von Hildebrandt (Belvedere, Schloss Hof) zu Höchstleistungen, war Experte für Flora und Fauna. Selbst im Feld kümmerte er sich um jedes Detail, mahnte, dass die in ganz Europa erworbenen Bilder trocken sein sollten, ehe man sie nach Wien schaffte, machte sich Sorgen über die artgerechte Haltung in seiner Menagerie, interessierte sich für jedes Detail bei begehrten Stoffen, Teppichen, Möbeln.

Eugens Bibliothek umfasste 15.000 Bände. Karl VI. erwarb sie um 150.000 Gulden aus dem Nachlass, sie wurde das Kernstück der Nationalbibliothek und steht dort noch heute im Prunksaal. Zahlreiche Dokumente, Zeichnungen, Bücher aus der ÖNB runden die 280 Objekte umfassende Schau ab, die mit 60 Leihgaben aus zwölf Ländern, vor allem aber mit Gemälden aus der Turiner Galleria Sabauda glänzt. In der Orangerie hat man dafür das Bilder-Zimmer nach alten Stichen rekonstruiert. Zwölf Ochsenkarren und zehn Pferdefuhrwerke waren einst nötig, um die von Erbin Viktoria an ihren Onkel Karl Emanuel III. verkaufte Gemäldesammlung nach Turin zu schaffen. Die kurze Rückkehr einiger Bilder war wohl weniger mühsam, ist aber aufregend genug.

Auf einen Blick

Bis 6.Juni ist „Prinz Eugen. Feldherr, Philosoph und Kunstfreund“ im Unteren Belvedere und in der Orangerie zu sehen, täglich von 10 bis 18h, Mittwoch bis 21h.

Ticket: 9,50 Euro. Der Katalog (Hirmer Verlag, 336 Seiten) kostet 38 Euro. Überblicksführungen Sa, So und Feiertag um 15h.

www.belvedere.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2010)

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