Elisabeth Leopold: "Weinen war seine Taktik vor Gericht"

Elisabeth Leopold bdquoWeinen seine
Elisabeth Leopold bdquoWeinen seine(c) APA/Walter Pfaeffle (Walter Pfaeffle)
  • Drucken

Sammlerwitwe Leopold hat „Wally“ wieder. Reden durfte sie bei der Feier nicht, den Erben misstraut sie. „Wallys“ Rückkehr kostete die Leopoldstifung insgesamt 19 Millionen Dollar.

Elisabeth Leopold ist erschöpft. „Das waren anstrengende Tage für mich“, sagt die Witwe des Museumsgründers Rudolf Leopold. Im schwarzen Kostüm steht sie im „Museum of Jewish Heritage“ an der Südspitze Manhattans. Unmittelbar hinter der Österreicherin hängt „Wally“, das Kunstwerk von Egon Schiele, das die vergangenen zwölf Jahre in einem Kunstlagerhaus in Long Island City verbracht hat.

„Ich bin natürlich überglücklich, dass Wally wieder frei ist“, betont Leopold im Gespräch mit der „Presse“. Trotzdem sind ihre Gefühle gemischt: „Ich wünschte, mein Mann hätte diesen Moment miterleben können.“ Rudolf Leopold verstarb Ende Juni, seine Frau war am Dienstag in Gesellschaft von Vertretern der Stiftung in New York, um das Bild in Empfang zu nehmen.

Bis zum 18. August wird „Wally“ noch im bedeutendsten jüdischen Museum New Yorks zu sehen sein, ehe sie nach Wien zurückkehrt. Zwölf Jahre ist es her, dass die US-Behörden das Gemälde im Zuge einer Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art beschlagnahmt haben, 19 Millionen Dollar hat sich die Leopoldstiftung nun die außergerichtliche Einigung und „Wallys“ Rückkehr kosten lassen.

Museum erwartet Besucheransturm

Etwa 200 geladene Gäste tummeln sich im dritten Stockwerk, um das Kunstwerk nach zwölf Jahren „Gefangenschaft“ zu bestaunen. Unmittelbar neben dem Sicherheitsglas, hinter dem sich das Gemälde befindet, hängt ein Schild, das an seine bewegte Geschichte erinnert. Tatsächlich sorgte der „Fall Wally“ weltweit für Aufsehen, führte in Österreich zu einer Intensivierung der Provenienzforschung sowie zu einem Restitutionsgesetz, das nicht zuletzt 2006 im Zuge der Rückgabe von Gustav Klimts „Goldener Adele“ an die Erben von Ferdinand Bloch-Bauer (Kunst-)Geschichte schrieb.

Museumsdirektor David Marwell erwartet einen Besucheransturm. „Das ist das bedeutendste Kunstwerk, das wir jemals ausstellen durften“, erklärt er. Um „Wally“ entsprechend zu schützen, habe man „sämtliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen“.

Schieles Bild mit seiner traurigen Raub- und Restitutionsgeschichte ist im „Museum of Jewish Heritage“ am Platze: Das Museum wurde vor allem geschaffen, um an den Holocaust zu erinnern. Neben zeitgenössischer Kunst beherbergt das Haus derzeit eine Spezialausstellung zum Leben der jüdischen Familie Morgenthau, die 1937 aus Deutschland in die USA emigriert ist. Der frühere New Yorker Staatsanwalt und jetzige Vorsitzende des Museums, Robert Morgenthau, hielt im Rahmen der Präsentation von „Wally“ eine Rede. Er war es auch, der das Bildnis 1998 beschlagnahmen ließ.

Ex-Staatsanwalt dankt Leopold Museum

Besonders emotional verlief bei den Feierlichkeiten die Ansprache von André Bondi, einem Nachfahren der ursprünglichen Besitzerin, Lea Bondi-Jaray. Unter Tränen erzählte er, wie gerührt sein Vater Henry Bondi gewesen sei, als er von der Beschlagnahmung des Bildnisses erfuhr. André Bondi war eines von rund 50 Mitgliedern der Familie, die am Dienstag an den Feierlichkeiten teilnahm.

Auch Elisabeth Leopold hätte gerne das Rednerpult betreten. Doch man habe sie gebeten, die Bühne den Erben von Bondi-Jaray zu überlassen, sagt sie. Und so war die Witwe von all jenen, die im „Fall Wally“ eine maßgebliche Rolle spielten, die Einzige, die nicht aufs Podium gebeten wurde, sondern während der gesamten Feierlichkeiten unter den hunderten Zuschauern sitzen blieb. Immerhin bedankte sich Robert Morgenthau beim Leopold Museum dafür, dass es dieser „bedeutenden Schlichtung“ zugestimmt habe.

Den Tränen von André Bondi will Elisabeth Leopold keinen Glauben schenken, der zwölfjährige Rechtsstreit scheint Spuren hinterlassen zu haben: „Auch vor Gericht hat er immer wieder geweint, das war seine Taktik“, sagt sie, ehe sie in ein wartendes Auto steigt, um die Heimreise anzutreten. „Aber wie auch immer“, fügt die Witwe hinzu. „Am wichtigsten ist, dass Wally wieder nach Hause kommt.“

AUF EINEN BLICK

Der Nationalsozialist und Beutegalerist Friedrich Welz hatte Ende der 1930er-Jahre der Jüdin Lea Bondi-Jaray Schieles „Bildnis Wally“ abgenommen, bevor sie aus Wien floh. Nach dem Krieg wurde es an eine falsche Person restituiert. Deren Erben verkauften das Bild an die Österreichische Galerie, die es in den 1950ern an Rudolf Leopold abgab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Bildnis Wally York Zeichen
Kunst

"Bildnis Wally" in New York: "Zeichen der Aussöhnung"

Schieles Gemälde wurde am Donnerstagabend in New York präsentiert. Das Museum of Jewish Heritage stellt "Wally" drei Wochen lang aus. Die Bondi-Familie und Elisabeth Leopold waren bei der Eröffnungsfeier.
Kunst

"Wally": Die geheimnisvolle Übergabe

Zwölf Jahre verbrachte „Wally“ von Egon Schiele in einem verstaubten Depot in Manhattan. Ab Donnerstag wird das Bildnis öffentlich bis zum 18. August in New York zu sehen sein. Danach kehrt es zurück nach Wien.
Kunst

Chronologie: Jahrelanger Rechtsstreit um "Wally"

Seit Jänner 1998 sorgte das Tauziehen um Egon Schieles beschlagnahmtes "Bildnis Wally" aus dem Wiener Leopold Museum für Aufsehen.
Bildnis Wally von Egon Schiele
Kunst

"Bildnis Wally" in New York präsentiert

Das Schiele-Gemälde wird drei Wochen im New Yorker Museum of Jewish Heritage zu sehen sein. Für Elisabeth Leopold ist es ein Zeichen der Aussöhnung und der gegenseitigen Toleranz.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.