Familie Leopold verkauft Egger-Lienz und Walde

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70 Positionen aus der Sammlung II. werden im Auktionshaus "Im Kinsky" angeboten. Direktor Ressler spricht über den geheimnisvollen Markt der Zeitgenossen. Er empfiehlt Arbeiten von Sigmar Polke oder Eduard Angeli.

"Porträt eines Buben“ von Albin Egger-Lienz, Rötel auf Papier, 1500 bis 3000 Euro, Alfons Waldes „Abendrot“, Öl auf Papier (10.000 bis 15.000 Euro) und eine Loetz-Vase (13.000 bis 20.000 Euro). All diesen Exponaten, die kommende Woche im Auktionshaus „Im Kinsky“ angeboten werden, ist gemeinsam, dass sie aus der Sammlung Rudolf Leopold stammen. Nicht aus der Stiftung, sondern aus der privaten Sammlung, die der heuer Verstorbene anlegte. 70 Positionen aus dieser sogenannten Sammlung II. kommen unter den Hammer bei den drei Auktionen für zeitgenössische Kunst und klassische Moderne am 30. November sowie für Jugendstil am 1. Dezember.


Die Vergessenen im Keller.
Was empfiehlt „Im Kinsky“-Direktor Otto Hans Ressler zu kaufen? Die Provenienz Leopold ist ein Gütesiegel, bei Schiele auf jeden Fall; ob auch bei anderen Künstlern, wird sich weisen. Resslers Favorit aus dem Leopold-Angebot ist „Ohne Titel“ von Othmar Zechyr (1938–1996, 10.000 bis 20.000Euro). Was sind die Spitzenlose bei den Zeitgenossen?

Ressler nennt Sigmar Polkes „Ohne Titel“, 1999 (80.000 bis 120.000 Euro), ferner „Venedig“ (Diptychon), 2002, von Eduard Angeli (12.000 bis 20.000Euro). Polke, der heuer im Juni starb, ist seit Jahren an der Spitze der Charts.

Das Besondere an dem Angeli-Gemälde sei: Die Serenissima erscheint still, leer, reduziert. „Könnte ich mir persönlich etwas kaufen, wäre das ,Mikro‘ von Arnulf Rainer.“ (Bleistift auf Pausleinen, 1951, 20.000 bis 35.000 Euro). Neulich hat sich Ressler mit einem Rainer-Sammler getroffen, der 300 seiner Arbeiten hat. Angesprochen auf seinen großartigen Instinkt, dass er schon in den 1950ern Rainer gesammelt habe, lachte der Mann: „Ja, aber im Keller habe ich weitere 300Arbeiten, aus denen nichts geworden ist.“


Hundertwasser, West
. Wie viele heimische Zeitgenossen ziehen auch international? „Ehrlich gesagt, die wirklich internationalen österreichischen Künstler sind Hundertwasser und Franz West. Dann kommt lange nichts. Ich habe mir das erst jüngst angeschaut: Bei den zehn höchsten Preisen für österreichische Künstler kommt achtmal Hundertwasser und zweimal West vor“, so Ressler. Im Verhältnis zu seiner Größe habe Österreich aber viele bedeutende Künstler. Im Land gibt es rund zehn bedeutende Sammler zeitgenössischer Kunst. Dass Sammler vorwiegend zu Künstlern ihrer Heimat greifen, sei nichts Besonderes: „In Deutschland, England ist das nicht anders.“

Derzeit ist es nicht einfach, gute Stücke zu bekommen, weil die Käufer die Inflation fürchten. „Ein Industrieller sagte mir neulich, er habe schon viel Geld mit Aktien und sogar mit Immobilien verloren, aber noch niemals mit Kunst“, berichtet Ressler. Das Auktionshaus spricht gezielt Verkäufer an, dabei geht es aber nicht um Richtungen oder Epochen, sondern um „tolle Arbeiten des einzelnen Künstlers“. Ist wie jüngst ein Schiele in Auktion, ist es leichter, andere Verkäufer zu finden, weil sie annehmen, dass ihre Bilder höhere Preise erzielen, wenn sie mit einem Star, einem Blue Chip, gemeinsam offeriert werden.


Subjektivität und Risiko.
Soll man sich beraten lassen oder auf eigene Faust entscheiden? Da will sich Ressler lieber nicht festlegen: „Jeder von uns hat eine richtige Art der Beurteilung von Kunst. Jeder Mensch ist imstande, Kunst zu verstehen. Das glauben nur die Kunsthistoriker und Museumsdirektoren, dass sie im Besitz der Wahrheit sind.“

Vom britischen Street-Artist Banksy (siehe Seite 41) wurden auch in Wien Werke angeboten, erinnert sich Ressler: Arbeiten, die vor über einem Jahrzehnt um 500Schilling zu haben waren, schossen auf 40.000 Euro. Mit ein paar tausend Euro ist man bei der Zeitgenossen-Auktion „Im Kinsky“ dabei. „Ist doch schön, da kann ich mir auch etwas leisten“, sagt Ressler grinsend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2010)

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