Biennale: Goldener Löwe für Franz West

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Die Hinweise verdichten sich, dass der 64-jährige Wiener, berühmt für seine Objekte und Installationen, heuer in Venedig den Preis für sein Lebenswerk erhalten soll, und dies als erster Österreicher.

Franz West ist indisponiert, nach einem längeren Spitalsaufenthalt mache ihn jetzt eine starke Verkühlung unerreichbar, heißt es aus seinem Atelier. Selbst die morgige Verleihung des Ehrenzeichens für Kunst und Kultur in der Präsidentschaftskanzlei musste abgesagt werden.

West wird seine Kräfte brauchen. Denn das wird der Sommer seiner Karriere: Als erster Österreicher wird er heuer den Goldenen Löwen der Biennale Venedig für sein Lebenswerk erhalten, das flüstern nicht nur die weißen Lemuren, deren Köpfe West hinter dem MAK auf der Stubenbrücke aufgestellt hat. Das Gerücht offiziell zu bestätigen, davor hüten sich zwar Biennale wie West-Atelier, aber die Hinweise verdichten sich. Die heurige Biennale-Chefin Bice Curiger, eine Schweizerin, ist noch dazu ausgewiesene West-Expertin. Als einen von vier Künstlern hat sie den Biennale-Stammkünstler West beauftragt, einen ihrer „Parapavillons“ zu gestalten – künstlerische Gehäuse zwischen Architektur und Skulptur, in denen wiederum Arbeiten anderer Künstler präsentiert werden sollen.

Alu-Objekte im Central Park

Eine Aufgabe wie aus Wests Werk heraus entwickelt, flaniert er doch mit Witz und österreichischem Traditionsbewusstsein stets an der Grenze zwischen angewandter und bildender Kunst. Seine absichtlich unbequemen Sesseln und Diwans gehören seit ihrer Erfindung für die „documenta 9“ zur Ausstattung jeder Galerie, jedes Messestandes und jedes Museumsfoyers, die auf sich halten. Allein voriges Jahr waren das ganz schön viele – so tourte eine große West-Retrospektive vom Kölner Ludwig-Museum aus durch Europa, machte auch im Kunsthaus Graz bei Wests Ex-Galeristen Peter Pakesch Station.

Auf dem Kunstmarkt ist West längst aus der heimischen Liga herausgewachsen – auch nicht unwesentlich für die Verleihung des prestigeträchtigen Goldenen Löwen: West wird als einziger Österreicher vom Star des globalen Galerien-Jetsets, dem Londoner Larry Gagosian, vertreten. Der hat auch dafür gesorgt, dass 2010 halb New York auf Wests skurrilen Protuberanzen des Unbewussten, seinen Riesenkringeln in Zuckerlfarben, Platz nahm: Die zwei verspielt in die Höhe schießenden Alu-Objekte „The Ego and the Id“ mit lustigen Hocker-Ausläufen standen ein halbes Jahr lang vor dem Südeingang in den Central Park. Den gelernten Wiener – Sigmund Freud, Wiener Werkstätte, Liebe zur Musik – hat West sowieso nie verleugnet, wäre auch gar nicht möglich. Selbst der Wiener Aktionismus muss bei ihm mitgedacht werden, wenn auch nur als Gegenpol: Vieles bei West entstand aus einer ironischen Trotzhaltung gegenüber dem Pathos der Kollegen, die ihn lange nicht ernst nahmen.

Der Neid wird wohl nicht geringer werden, wenn West heuer nach Yoko Ono und John Baldessari 2009 den Goldenen Löwen einheimst. Als einzige andere österreichische Künstlerin hätte sich Maria Lassnig noch berechtigte Hoffnung darauf machen dürfen. Ihre Enttäuschung darf sie mit den österreichischen Künstlern teilen, deren Biennale-Beiträge wohl wenig Chancen auf einen der anderen begehrten Goldenen Löwen haben: die Gruppe Gelitin, die Curiger für die große Ausstellung einlud, allen voran aber Markus Schinwald, der den österreichischen Pavillon bespielen wird. Ein Jammer für sie. Und ein Jubel für Österreich – die geliebte gehasste Kulturnation, die Franz West immer verlassen wollte, und die ihn doch nie losließ.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2011)

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