In seinem neuen Gedichtband "Eintagsfliegen" liefert der 84-jährige Günter Grass wieder Zündstoff für politische Kontroversen mit Israel. Ein neuer Gedichtband würdigt israelischen Nuklearverräter.
Lübeck. Der deutsche Literaturnobelpreisträger würdigt in einem der insgesamt 87 Gedichte den wegen Spionage zu 18 Jahren Haftstrafe verurteilten israelischen Nukleartechniker Mordechai Vanunu als „Held und Vorbild“. Der Band ist am Wochenende in den Buchhandel gekommen.
Vanunu hatte 1986 im Ausland das geheime Nuklearprogramm Israels öffentlich gemacht. Der israelische Geheimdienst Mossad lockte ihn danach nach Rom und entführte ihn per Schiff nach Israel, wo er vor Gericht kam. Nach 18 Jahren Haft kam der Nukleartechniker 2004 zunächst wieder auf freien Fuß, doch war seine Freilassung an strikte Auflagen geknüpft, um weitere Enthüllungen zu verhindern. Schon 1987 erhielt er den „Alternativen Nobelpreis“ für seine Tat.
In dem Gedicht „Ein Held unserer Tage“ dichtet Grass über Vanunu: „So heißt der Held, der seinem Land zu dienen hoffte, indem er half, die Wahrheit an den Tag zu bringen.“ In seinem Gedicht ruft Grass zwischen den Zeilen zum militärischen Geheimnisverrat auf – überall dort in der Welt, wo Vernichtungswaffen hergestellt werden.
Bereits im April hat Grass mit dem Gedicht „Was gesagt werden muss“ Israels Regierung verärgert. Jetzt darf er nicht mehr einreisen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2012)