Wertvolle Bücher entsorgt: Bibliothekschefin angeklagt

Sind sicher: Bücher an der Universitätsbibliothek Wien
Sind sicher: Bücher an der Universitätsbibliothek WienDie Presse (Clemens Fabry)
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An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt wurden teils hunderte Jahre alte Bücher weggeschmissen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen die Leiterin erhoben.

Vor einem Jahr wurde bekannt, dass in der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) tonnenweise teils wertvolle Bücher weggeworfen wurden. Insgesamt rund 80 Tonnen Bücher soll die Bibliothek der KU als Altpapier entsorgt haben - darunter große Teile der sogenannten Kapuzinerbibliothek. Bis heute sind die Umstände der Büchervernichtung nicht restlos geklärt. Am Montag erhob die Staatsanwaltschaft Ingolstadt Anklage wegen Untreue in fünf Fällen gegen die Bibliotheksdirektorin. Es geht um die Beseitigung von 14 wahrscheinlich wertvollen Büchern.

Die Gerüchte hatten sich Anfang 2007 gehäuft. Unersetzliche Einzelstücke aus dem Bestand der Eichstätter Universitätsbibliothek seien in deutschen Antiquariaten aufgetaucht und tausende Bücher auf den Müll geworfen worden, hieß es. Uni-Kanzler Gottfried Freiherr von der Heydte sah zunächst keinen Handlungsbedarf. Erst als dem Ingolstädter "Donaukurier" fünf historisch wertvolle Bände zugespielt wurden, die in einem Altpapiercontainer gelandet sein sollen, ging er den Vorwürfen nach.

Zweihundert Jahre alte Bücher weggeschmissen

Das Ergebnis seiner vorläufigen Untersuchung: Zwischen Juni 2005 und Oktober 2006 wurden insgesamt 80 Tonnen Bücher in 17 Containern entsorgt. Laut Auskunft der bayerischen Kapuziner-Ordensleitung sollen davon mehr als zwei Drittel aus ehemaligen Beständen des Ordens stammen. Die bayerischen Kapuziner hatten der Eichstätter Universitätsbibliothek 1999 rund 350.000 Bücher überlassen. Etwa ein Zehntel davon sollen Bände sein, die vor der Säkularisation im Jahr 1803 erschienen und dem Freistaat Bayern gehören.

Der Stiftungsvorstand der KU untersagte der verantwortlichen Bibliotheksdirektorin im Februar vergangenen Jahres die weitere Aufarbeitung der Kapuzinerbestände. Es gebe "gewisse Anhaltspunkte, dass Bücher weggeworfen wurden, die hätten aufbewahrt werden müssen", erklärte damals Konrad Regler, Vorstandsvorsitzender der Eichstätter Universitätsstiftung.

Untersuchung brachte keine Ergebnisse

Die KU kündigte daraufhin eine umfangreiche Untersuchung durch die Bayerische Staatsbibliothek an. Wie viele wertvolle Bücher sind wirklich im Müll gelandet? Was davon war verschimmelter Schund, was wertvolles Kulturgut? Und was wusste die Bibliotheksdirektorin? Auf all diese Fragen sollten Antworten gefunden werden. Die Uni-Leitung ist sie bis heute jedoch schuldig geblieben.

"Wir werden erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn alles fertig ist", vertröstet KU-Kanzler von der Heydte. Wann das sein wird, könne er noch nicht sagen. Nach Angaben der Bayerischen Staatsbibliothek hingegen ist das Gutachten bereits fertig. In Absprache mit der Eichstätter Uni-Leitung und dem Wissenschaftsministerium in München werde das Papier jedoch erst in einigen Wochen veröffentlicht. Grund sei das laufende Verfahren der bayerischen Justiz.

Anklage wegen fünf Büchern

Doch die zuständige Staatsanwaltschaft in Ingolstadt meldete sich am Montag zu Wort. Sie erhob in fünf Fällen Anklage wegen Untreue gegen die Bibliotheks-Chefin. Was die massenhafte Vernichtung von Beständen der Uni-Bibliothek betrifft, ergaben sich keine strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegen die Beschuldigte. Auch gegen andere Mitarbeiter habe sich kein Tatverdacht ergeben, hieß es.
(Ag./Red.)

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