Buchmesse: „Wien soll Leipzig werden“

(c) EPA (Boris Rössler)
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Größer, internationaler, moderner: Aus der Wiener Buchwoche im Rathaus wird im November eine Buchmesse am Messegelände. Die Anmeldung der internationalen Verlage verläuft aber eher schleppend.

Wien.Sie war familiär, überschaubar und ein bisschen verstaubt: Die Wiener Buchwoche im Rathaus. Ein Heimspiel für die österreichische Verlagsszene, mit gedrängten Präsentations-Tischchen in pompösen Sälen, einem lesebeflissenen Publikum, im vergangenen Jahr immerhin 65.000 Besucher, und ein bisschen schlechter Luft. Dieses Jahr soll alles anders werden: moderner, heller, viel großzügiger – mit Klimaanlage. Aus der Wiener Buchwoche wird eine Messe – die Wien Buch 08. Und sie zieht dorthin, wo Messen normalerweise stattfinden: In die Halle B am Messegelände.

Das Stichwort Frankfurt fällt aber dabei offenbar nur Laien ein. Für die österreichische Buchhandels- und Verlagsbranche ist plötzlich der deutsche Osten das Vorbild: „Wien muss Leipzig werden!“, meint auch Rotraut Schöberl, Inhaberin der Literatur-Buchhandlung Leporello in Wien-Alsergrund.

An der Leipziger Buchmesse, die sich nach einigen Jahren des Dahinsiechens als attraktive Parallelveranstaltung zu Frankfurt etablieren konnte, soll sich die „Buch Wien“ orientieren: Keine reine Fachveranstaltung der Branche, kein Medien-Spektakel, kein Preisverleihungsmarathon wie am Main. Stattdessen: Eine lebendige Publikumsmesse, auf der man alle ausgestellten Bücher auch kaufen können soll.

Kenner der Branche glauben, dass sich die Wiener Messe vor allem mit guter Belletristik einen Namen machen könnte. Kleine und mittlere Verlage könnten hier die Chance haben, „ihr Produkte ganz vorne zu präsentieren“, sagt etwa Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen und Autoren. „Literatur, die etwas riskiert“, die in Frankfurt neben den Bestsellern untergehe, könnte in Wien reüssieren. Allerdings sei fraglich, ob das Budget der Verlage einen weiteren Messe-Termin erlaube – immerhin kostet allein die Miete, je nach Standgröße, von moderaten 900 bis hin zu 5700 Euro.

Ausländische Verlage zögern

Mit seiner Befürchtung könnte Ruiss Recht behalten: Ende Juli, knapp ein Vierteljahr vor der Messe, zählte man etwa 150 Anmeldungen österreichischer und internationaler Aussteller. Im vergangenen Jahr, bei der Buchwoche, waren es ebenso viele. Die Veranstalter versuchen Haltung zu bewahren. Mit den Anmeldungen sei man „durchaus zufrieden“, sagt Inge Kralupper, Geschäftsführerin des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels (HVB) und gemeinsam mit der Reed Messe Veranstalterin der viertägigen Buch-Show. Man sei „auf einem guten Weg“, heißt es auch von der Reed Messe. Medien-Gerüchte über Absagen – Rowohlt und Fischer – möchte Kralupper nicht bestätigen. Mit einer Reihe von Verlagen verhandle man noch. „Bis zwei, drei Wochen vor Veranstaltungsbeginn“ könnten die Verlage noch einsteigen. Außerdem habe man einen langen Atem: Drei bis fünf Jahre Zeit könne es brauchen, um die „Buch Wien“ zur erfolgreichen Marke zu machen.

Warum aber überhaupt eine Messe, die – so kritische Stimmen – reichlich spät kommt und, genau aus diesem Grund, mit etablierter ausländischer Konkurrenz zu kämpfen hat? „Im Rathaus sind wir aus allen Nähten geplatzt“, sagt Kralupper. Außerdem habe man eine „kulturelle Lücke“ für die lesefreudigen Wiener schließen wollen.

Das größere Format – doppelt so viele Quadratmeter Ausstellungsfläche – soll jedenfalls eigene Schwerpunktsetzungen ermöglichen: Kinder- und Jugendbuch sowie Südosteuropa, eine Domäne von vielen österreichischen Verlagen. Wien könnte sich als Standort mit Südost-Profil tatsächlich eignen. Und was den Standort Messegelände betrifft: Mit der U-Bahn-Anbindung könne man nun den Schritt in die Vorstadt wagen, heißt es. Außer der weniger zentralen Location müssen Wiens Leseratten noch eine zweite Hürde nehmen: Das Eintrittsgeld von 8,50 Euro. Die Buchwoche war bisher gratis. Beim HVB hält man den Eintrittspreis für „gerechtfertigt“, außerdem werde es ermäßigte Karten geben.

Zwar freut sich sowohl die heimische Autorenschaft wie auch die Verlagsbranche auf die Messe, Kritik kommt allerdings an der Regelung Autorenlesungen nur zu erlauben, wenn ein Verlag auch einen Stand hat. „Abschreckend“ sei das, findet Ruiss, so vergraule man Starautoren. Kralupper verteidigt die Regelung: „Weltweit ist das so.“ In einer anderen Sache ist man sich dafür einig: im Zeitpunkt der Messe. Ende November ist der Auftakt des Weihnachtsgeschäfts.

BUCH WIEN 08. INFOS

Die erste Wiener Buchmessewird von 20. bis 23. November 2008 am Wiener Messegelände (Halle B) stattfinden. Bisher haben sich 150 Aussteller angemeldet.

Die Lesefestwoche läuft parallel dazu von 17. bis 23. November. Lesungen und Diskussionen an mehreren Orten in ganz Wien sind geplant.

www.buchwien.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2008)

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