Hirschgeweih und Miederhosen: Leistungsschau der Krimischreiber

(c) Elisabeth Holzinger
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Eva Holzmair ist die neue Sprecherin von Österreichs Krimiautoren. Am Samstag laden selbige im Schauspielhaus wieder zum „Mörda Frühling“.

Am Anfang stand ein Fauxpas: Ein Journalist hatte über einen heimischen Krimiautor geschrieben, er sei der Erste seit Wolf Haas und Alfred Komarek. Eine grobe Unterspielung der heimischen Krimiszene, befand selbige – und gründete die Plattform der österreichischen Kriminalschriftsteller.

Zehn Jahre später sitzt deren neue Sprecherin, Eva Holzmair, im Café Griensteidl im Wiener Regierungsbezirk. Sie hat eine kurze Pause, bevor sie wieder los muss, um zu dolmetschen – im Hauptberuf ist Holzmair Übersetzerin. Etwa ein Drittel ihrer Kollegen kann und will vom Schreiben leben, schätzt sie, die übrigen gehen den verschiedensten Berufen nach. Tatsache ist, sie werden immer mehr: An die 120 Mitglieder zählt die Vereinigung, allein in den letzten Wochen, berichtet Holzmair, sind fünf Autoren neu beigetreten, darunter „Profil“-Satiriker und Krimiautor Rainer Nikowitz.

Was sie schreiben, zeigen die Autoren schon seit 2002 bei der (inzwischen vom Echo-Verlag geführten) herbstlichen Kriminacht. Und an diesem Samstag: Da lädt Gerhard Loibelsberger, Schöpfer der Reihe um die Naschmarktmorde, zum dritten Mal zum „Mörda Frühling“. Diesmal nicht an zwei Tagen, sondern nur am Samstag – für das aufmerksamkeitsintensive Format der Lesung sei das vielleicht geeigneter, man probiert es jedenfalls aus. 21 Autoren werden am Samstag zwischen 16 und 23 Uhr im Schauspielhaus aus ihren neuen Werken lesen. Neu ist dabei ein wichtiges Stichwort – lesen darf nur, wer Neues am Start hat. Das würde für Eva Holzmaier selbst durchaus zutreffen – erst vor wenigen Monaten ist mit „Rose, Löwe, Rosmarin“ ihr zweiter Krimi erschienen. Sie lässt trotzdem anderen den Vortritt: „Wir haben so viele Krimiautoren, da kann nicht jeder jedes Jahr lesen“, sagt sie. „Dazu haben wir zu viele, und zu viele zu gute.“

Vom Regionalkrimi bis zum grausamen Thriller soll die Bandbreite reichen, zu hören sind „junge Unbekannte, mittelalte Unbekannte und Stars“, sagt Holzmair. So lesen etwa Peter Natter („Mord unterm Hirschgeweih“), Jennifer B. Wind („Als Gott schlief“) oder „Presse“-Autorin Klaudia Blasl („Miederhosenmord“) – jeweils eine knappe Viertelstunde: Wenn die Glocke klingelt, ist mitten im Satz Schluss.

Expertin für Eisenbahntechnik

Ihr eigenes Krimidebüt („Mir träumte, du lägest im Grab“, über eine Wiener Garderobière an der Pariser Opéra Garnier), sei eher auf der heiteren Seite angesiedelt gewesen, erinnert sich Holzmair. Geschrieben habe sie immer schon, auch kleinere Texte veröffentlicht. „Und irgendwann hab ich mich hingesetzt und hatte das Gefühl, ich muss einen Krimi schreiben.“ Inzwischen sind diesem ein Erzählband und ein Theaterstück gefolgt – Letzteres, „Lapislazuli“, hat am 23. Mai im Innsbrucker Westbahntheater Premiere.

Ihren Beruf als Übersetzerin würde Holzmair dabei nicht aufgeben wollen. „Schreiben ist eine einsame Tätigkeit“, sagt die Wienerin, die wenig von einer Schublade für Krimiautoren hält. Und beim Dolmetschen lerne man viel: „Ich werde mit Themen konfrontiert, von denen ich nicht wusste, dass sie existieren.“ Mittlerweile reicht ihr Fachwissen samt Vokabular von Eisenbahntechnik bis zu Sexarbeit. Nur über das Dolmetschen schreiben will sie nicht: Ingeborg Bachmann habe zwar wenig davon verstanden – „aber mit dem Prosaband ,Simultan‘ die Latte trotzdem sehr hoch gelegt“.

AUF EINEN BLICK

Eva Holzmair ist Übersetzerin und Konferenzdolmetscherin für Englisch und Französisch und Sprecherin der Krimiautoren. 21 von ihnen lesen am Samstag, 2. Mai, wieder beim Krimifestival „A Mörda Frühling“ im Schauspielhaus (Porzellangasse 19, 1090 Wien). Beginn ist um 16 Uhr, Tickets kosten 11 Euro (ermäßigt 9 Euro). Unter anderem gibt es Beiträge von Eva Rossmann, Constanze Denning, Sigrid Neureiter, Peter Natter, Daniela Larcher und Gerhard Loibelsberger.

Web:www.krimiautoren.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2015)

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