Jim Knopf: "Neger" wird nicht gestrichen

(c) APA/dpa/Marijan Murat
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In der Jubiläumsausgabe bleibt das Wort „Neger“ erhalten.

Das schwarze Waisenkind Jim Knopf, das als Baby per Paket auf die kleine Insel Lummerland gelangt und mit Lukas, dem Lokomotivführer, viele Abenteuer erlebt, wird am 9.August 55 Jahre alt. Zum Jubiläum erscheint eine kolorierte Jubiläumsausgabe des Kinderbuchklassikers von Michael Ende. Das Wort „Neger“, das heute als diskriminierend gilt, bleibt in der neuen Ausgabe erhalten, gab der Stuttgarter Verlag Thienemann-Esslinger bekannt.

Zum einen könne sich der 1995 verstorbene Ende nicht mehr zu einer Änderung äußern, zum anderen komme das Wort in einer Szene vor, die dazu diene, eine Figur als Besserwisser darzustellen: „Das dürfte vermutlich ein kleiner Neger sein“, sagt Herr Ärmel, als das fehlgeleitete Paket mit dem Baby ankommt.

Dass der Thienemann-Verlag das politisch nicht korrekte Wort im Text belässt, überrascht: Anfang 2013 (vor seiner Fusion mit Esslinger) hatte er – mit Zustimmung des Autors – noch das Wort „Negerlein“ aus Ottfried Preußlers „Die kleine Hexe“ gestrichen. Es sei notwendig, Bücher an den sprachlichen und politischen Wandel anzupassen, begründete Verleger Klaus Willberg damals den Schritt.

„So unvernünftig sind die Menschen“

Schon 2009 machte der Oetinger-Verlag aus Pippi Langstrumpfs Papa, dem „Negerkönig“, einen „Südseekönig“ – das schwedische Fernsehen verkürzte ihn später zum schlichten „König“. Bei Lesern und Autoren kommen solche Änderungen nicht gut an: Die Kinderliteratur werde von vielen als „Pädagogikpille, eingewickelt in Gschichterlpapier“ wahrgenommen, sagte Christine Nöstlinger im Vorjahr und sprach sich für Fußnoten aus, die den Wandel eines Wortes erklären. „Rassismus ist eine Gesinnung, die schafft man nicht ab, wenn man Worte abschafft.“

Michael Ende verfolgte mit seiner Geschichte jedenfalls keine rassistische Gesinnung – im Gegenteil, Experten sehen in „Jim Knopf“ eine klare Ablehnung des NS-Gedankenguts. Das finstere Kummerland darf etwa nur von reinrassigen Drachen betreten werden. Und der Scheinriese Tur Tur sagt: „Eine Menge Menschen haben doch irgendwelche besonderen Eigenschaften. Herr Knopf, zum Beispiel, hat eine schwarze Haut. So ist er von Natur aus, und dabei ist weiter nichts Seltsames, nicht wahr? Warum soll man nicht schwarz sein? Aber so denken leider die meisten Leute nicht. Wenn sie selber zum Beispiel weiß sind, dann sind sie überzeugt, nur ihre Farbe wäre richtig, und haben etwas dagegen, wenn jemand schwarz ist. So unvernünftig sind die Menschen bedauerlicherweise oft.“ (kanu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2015)

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