Sechs Autoren schreiben möglichst schlicht

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Um Menschen mit geringer Sprachkompetenz zu erreichen, haben Autoren auf Einladung des Literaturhauses Frankfurt bewusst einfache Texte geschrieben. Auch ein Verlag setzt auf die „Einfache Sprache“.

Die Geschichten sollten in 20 Minuten vorgelesen werden können, möglichst viele Verben enthalten und auf sperrige Substantive verzichten. Das sind nur drei der Regeln, die sechs jüngere deutsche Autoren miteinander entwickelt haben, um ein für sie unübliches Ziel zu erreichen: Texte zu liefern, die auch für Menschen mit wenig entwickeltem Sprachniveau geeignet sind. Etwa für Menschen mit Behinderungen oder Zuwanderer.

„Einfache“ versus „Leichte Sprache“

Das Literaturhaus Frankfurt hat diese Initiative gesetzt, da der Literaturbetrieb „ganz viele Menschen außen vor“ lasse, wie der Leiter des Literaturhauses, Hauke Hückstädt, betont. Schätzungen zufolge würden sich rund 13 Millionen Menschen in Deutschland mit dem Lesen schwertun, dazu kämen noch knapp weitere acht Millionen an funktionalen Analphabeten, die im Alltag kaum Kontakt mit der Schriftsprache hätten.

Schon seit Jahren gibt es das Konzept der „Leichten Sprache“, das für Menschen mit geringen Sprachkompetenzen Texte etwa in der Verwaltung leichter verständlich machen soll. Die Regeln werden vom Netzwerk Leichte Sprache herausgegeben. Zu ihnen gehören etwa kurze Sätze, Aktiv- statt Passivsätze, Vermeidung von Konjunktiv oder Genitiv. Neben Sprachregeln gibt es auch Rechtschreibregeln sowie Empfehlungen zu Typografie und Mediengebrauch. Das Ziel dahinter, den „barrierefreien Zugang zur Information“ zu fördern, ist in den vergangenen Jahren auch in den Fokus der deutschen Politik gerückt. So war es das Land Hessen, das den Anstoß zum Frankfurter Projekt gab, indem es Modellversuche zur Inklusion in der Kultur förderte.

Gegenüber der Leichten Sprache ist die Einfache Sprache etwas komplizierter – und entspricht den Sprachnormen, während die Leichte Sprache spezielle Eigenheiten hat. Die Einfache Sprache hat schon in den vergangenen Jahren in die Verlagswelt Eingang gefunden. So hat der Spaß am Lesen Verlag seit 2009 rund 50 Romane in Einfacher Sprache herausgegeben, einige Autoren haben sich darauf spezialisiert. Auch „Übersetzungen“ von bereits existierenden bekannten Romanen sind entstanden, etwa von Wolfgang Herrndorfs „Tschick“. Dem Verlag zufolge gehören diese Bücher zu seinen meistverkauften.

Kein genereller literarischer Trend

Die Idee zu Büchern in Einfacher Sprache stammt aus den Niederlanden, wo der Spaß am Lesen Verlag schon lang tätig ist. Es gehe dabei keinesfalls darum, Autoren generell zu einer einfacheren Sprache zu drängen, betont der Verlagsleiter. Texte in Einfacher Sprache seien nur eine spezielle Sparte für eine bisher vernachlässigte Zielgruppe.

Die sechs Autoren, die beim Projekt des Frankfurter Literaturhauses mitmachen, sind Kristof Magnusson, Henning Ahrens, Mirko Bonné, Nora Bossong, Olga Grjasnowa und Alissa Walser. (sim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2017)

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