Olga Grjasnow

Von der Pool-Party ins Flüchtlingsboot

Olga Grjasnowa wurde 1984 in Baku geboren und kam mit elf Jahren nach Deutschland. „Gott ist nicht schüchtern“ (Aufbau Verlag) ist ihr dritter Roman. Sie lebt in Berlin.
Olga Grjasnowa wurde 1984 in Baku geboren und kam mit elf Jahren nach Deutschland. „Gott ist nicht schüchtern“ (Aufbau Verlag) ist ihr dritter Roman. Sie lebt in Berlin.(c) imago stock&people
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Olga Grjasnowa wollte über Gastronomie schreiben, dann hat sie ihren Mann kennengelernt, einen Syrer. Das Ergebnis ist ein Flüchtlingsroman, der gerade durch seine Nüchternheit erschüttert – und die Kritik entzweit. Ein Porträt.

Eigentlich kennen wir sie verspielt: In ihrem Debüt, „Der Russe ist einer, der Birken liebt“, und in „Die juristische Unschärfe einer Ehe“ schreibt die in Baku geborene Olga Grjasnowa ehrlich und versponnen, mit zumutbarer Schärfe über das Leben in Berlin, die Liebe unter erschwerten Bedingungen, die Hoffnung, die Jugend. Als neue, frische Stimme wurde sie gefeiert. Und dann das: Ihr jüngster Roman, „Gott ist nicht schüchtern“, ist fast protokollartig streng geraten. Ohne Augenzwinkern, äußerst karg erzählt sie uns da von zwei Schicksalen, die durchaus gewöhnlich sind, zumindest, wenn man in Syrien geboren ist: Hammoudi hat in Paris studiert, einen Vertrag als plastischer Chirurg in der Tasche, eine glänzende Zukunft liegt vor ihm. Doch dann darf er, als er nach Syrien zurückkehrt, um seinen Pass zu verlängern, nicht mehr ausreisen. Amal ist eine höhere Tochter, studiert eher gelangweilt, aber erfolgreich Schauspiel, bis sie sich den Protesten gegen Assad anschließt und ihr Leben aus den Fugen gerät.

„Gott ist nicht schüchtern“ wurde von der Kritik bejubelt – und verrissen. Die einen lobten die Wucht des Romans und die nüchterne, „nie effekthascherische“ Annäherung an die Thematik, andere warfen Olga Grjasnowa gerade diese Nüchternheit vor und fanden, sie habe keine eigene Sprache für ihre Figuren gefunden. „Ich habe mich bewusst zurückgenommen. Ich wollte auf jeden Fall eine kitschige Betroffenheitsprosa vermeiden“, so Grjasnowa im Gespräch mit der „Presse“: „Ein falscher Ton kann den ganzen Roman zerstören, er kann vom Inhalt ablenken, ihn sogar überschreien.“ Auch eine zu lapidare Sprache scheitere oft an Themen wie Folter, Leid, Krieg und Flucht: „Ich habe gerade in Berlin ein Theaterstück gesehen, in dem genau das passiert – ein langer Monolog über Buchenwald, der mit den Erlebnissen in Syrien verbunden wird und versucht, witzig zu sein.“

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