Neuer Roman

Salman Rushdies Scheu vor dem Erzählen

Salman Rushdie, 1947 in Bombay geboren, hat seinen jüngsten Roman kurz nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten abgeschlossen. Trump kommt in „Golden House“ als grünhaariger Joker vor.
Salman Rushdie, 1947 in Bombay geboren, hat seinen jüngsten Roman kurz nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten abgeschlossen. Trump kommt in „Golden House“ als grünhaariger Joker vor.(c) imago/ZUMA Press
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Keine Magie mehr, dieses Unglück ist menschengemacht. Kein erzählerischer Übermut, die Verunsicherung ist zu groß. Rushdie berichtet in „Golden House“ seltsam umständlich vom Untergang einer Familie und der USA.

Ein Stimmenimitator und ein Bollywood-Frauenschwarm, die aus einem Flugzeug stürzen und sich im freien Fall in Engelchen und Teufelchen verwandeln. Kinder, die in der Nacht der indischen Unabhängigkeit geboren wurden und deshalb Gedanken lesen können. Eine Fürstin des Lichts, die einen ungläubigen Philosophen liebt. So kennen wir die Romane von Salman Rushdie, und eigentlich würden ja der finstere Patriarch und seine drei exzentrischen Söhne aus dem eben erschienenen „Golden House“ ganz gut in dieses Rushdie-Universum passen. Der Patriarch heißt Nero Golden, hat einen diabolisch spitzen Haaransatz und ist unermesslich reich, der älteste Sohn ist verrückt genial, der mittlere hellsichtig, der jüngste nicht ganz Mann, aber auch nicht Frau. Gemeinsam sind sie aus einem Land geflohen, dessen Name vorerst geheim bleibt, geheim wie so vieles: Wie kam die Familie zu ihrem Reichtum? Was macht der Älteste in seinem Zimmer, aus dem nur blaues Licht nach außen dringt? Und was ist mit der Mutter passiert?

Doch im Gegensatz zu früheren Romanen wird hier alles aufgelöst: Exzentrisch? Der junge Mann hat das Asperger-Syndrom. Hellsichtig? Flashbacks vom LSD-Abusus in Teenagertagen. Das blaue Licht? Wird von Computern abgestrahlt. Und der jüngste Sohn ist schlicht transsexuell. Die Magie, sie hat in diesem Roman nichts mehr verloren. Das Unglück – das der Goldens, das des ganzen Landes – ist menschengemacht. Und Glück ist nur ein anderes Wort für Zufall.
Also alles nüchtern, alles rational erklärbar, der Triumph der Aufklärung über das Fantastische? Im Gegenteil: Die Magie wirkt nur auf uns, wenn wir uns sicher sind, was wirklich ist.

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