„Asterix in Italien“: Zwei Gallier auf der Überholspur

Mal was anderes als immer nur Cervisia: Asterix und Obelix frönen in ihrem neuen Abenteuer, das sie auf ein Wagenrennen durch Italien führt, auch den schweren Rotweinen aus der Toskana.[
Mal was anderes als immer nur Cervisia: Asterix und Obelix frönen in ihrem neuen Abenteuer, das sie auf ein Wagenrennen durch Italien führt, auch den schweren Rotweinen aus der Toskana.[(c) Egmont Ehapa Media ]
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In ihrem neuen Band ringen Asterix und Obelix um den Sieg bei einem Wagenrennen durch Italien. Die pfiffige Hanswurstiade voll politisch-kultureller Anspielungen macht dem legendären Gründerduo Goscinny-Uderzo alle Ehre.

Man mag es kaum glauben, aber so viele römische Legionäre Asterix und Obelix in den 58 Jahren ihres Wirkens bereits aus den Sandalen gewatscht haben, waren sie doch erst zweimal selbst in Italien. In den Bänden „Asterix als Gladiator“ (1969) und „Die Lorbeeren des Cäsar“ (1974) war das, und so dachte sich Jean-Yves Ferri, welcher seit vier Jahren die Geschichten von den beiden wackeren Galliern schreibt, dass es höchste Zeit sei, sie auf eine Bildungsreise ins Belpaese zu schicken.

Und so finden sich Asterix und Obelix in ihrem neuen Abenteuer, das auf Deutsch unter dem Titel „Asterix in Italien“ wie gewohnt bei Egmont erscheint, mitten in einem Pferdewagenrennen quer über den italienischen Stiefel. Ein korrupter römischer Senator, der für die Verwaltung der öffentlichen Mittel zur Sanierung des Straßennetzes verantwortlich ist und dies ausnutzt, um sich ein Schlemmerleben zu finanzieren, möchte auf diese Weise beweisen, dass die Straßen in einem einwandfreien Zustand sind.

Bei Julius Cäsar findet dieses Propagandaprojekt eines antiken Giro d'Italia, an dem Fahrer aus allen Provinzen des Reiches teilnehmen, ein offenes Ohr, denn „schließlich geht es um nichts anderes als das Ansehen Roms und die Einheit aller Völker der italischen Halbinsel“, wie Cäsar dem Senator mit dem springenden Namen Lactus Bifidus einbläut. Gewinnen muss natürlich ein Römer, dafür solle Bifidus mit allen erlaubten und verbotenen Mitteln sorgen. Andernfalls heißt es: Verbannung in die Cyrenaica, das heutige Libyen.

„Heute keine Orgie, Mozzarella“

Was auf der aberwitzigen großen Fahrt von Modicia (Monza) nach Neapolis (Neapel) alles passiert, und wer das Rennen gewinnt, sei hier nicht verraten. Kein Geheimnis hingegen sei daraus gemacht, dass dieser dritte Band, den Ferri geschrieben und der Illustrator Didier Conrad gezeichnet hat, an die großen Meisterwerke des legendären Duos René Goscinny und Albert Uderzo heranreicht. Die spannende Story, die zahlreichen originellen Nebencharaktere, die schlauen Anspielungen auf kulturelle Eigenheiten und politische Begebenheiten, der sprühende Wortwitz, vom Übersetzer Klaus Jöken geschickt in die deutsche Fassung übertragen: Dafür liebt man Asterix, das machte die Geschichten vom pfiffigen Kleinen und dem starken Dicken zum globalen Kulturgut mit bisher mehr als 370 Millionen verkauften Büchern.

Bei Ferri und Conrad ist das Erbe des 1977 verstorbenen Goscinny und seines heute 90-jährigen, gesundheitlich leider zuletzt angegriffenen Illustrators Uderzo in guten Händen. „Asterix in Italien“ hat mehr erzählerischen Schwung als sein Vorgänger, „Der Papyrus des Cäsar“, und vor allem sind es die vielen kleinen ironischen Details am Rande, die dieses neue Abenteuer für den Leser so reizvoll machen. „Sehr gelungen, Euer Mosaik“, sagt zum Beispiel ein Zuschauer des Wagenrennens zu einem Künstler, der das Renngeschehen festzuhalten versucht. „Leider verwackelt, die sind einfach zu schnell“, bedauert der. „Heute keine Orgie, Mozzarella. Ich habe zu tun“, muss der gestresste Senator das Ansinnen seiner Gattin mit Bedauern zurückweisen.

Dieser prachtvoll absurde Witz, der fröhlich mit kulturellen Stereotypen spielt, zieht sich durch die ganze Geschichte, in der auch ein depressiver normannischer Wagenlenker seinen Kulturschock im Land der Zitronen ausweinen darf: „Diese schnurgeraden Straßen! Das idyllische Klima! Diese ganze Zivilisation! Das halte ich nicht aus!“ Sein Kompagnon tröstet ihn: Keine Sorge, nach dem Rennen kommen wir zum Rauben und Brandschatzen wieder. Und auch der absurde Behördensprech wird aufgespießt: „Willkommen in Umbrien“, grüßt eine Marmortafel die Aurigen (römisch für Wagenlenker). „Die römische Armee befriedet diese Region zu Ihrer Sicherheit.“

Das gallische Dorf, ein östliches Schtetl?

Der Zufall will es, dass derzeit im Pariser Musée d'Art et d'Histoire du Judaïsme erstmals eine Ausstellung das Leben Goscinnys und dabei vor allem seine jüdische Herkunft beleuchtet. Seine Familie (der Großvater war Rabbiner) war vor den Pogromen aus der Ukraine nach Frankreich geflohen, vor dem Überfall von Nazi-Deutschland auf Frankreich emigrierte sie nach Argentinien, doch er verlor einige Angehörige im Holocaust. Ihr Vater sei kein praktizierender Jude gewesen, sagte Anne Goscinny unlängst im Gespräch mit dem Magazin „L'Obs“, doch den Antisemitismus habe er oft gespürt: „Einer seiner Freunde sagte ihm eines Tages: ,Siehst Du, René, ich kann die Juden riechen.‘ Mein Vater antwortete ihm: ,Ach, was, du hast eine verstopfte Nase.‘“

Vor diesem Hintergrund kann man allerlei Symbolisches in die Welt von Asterix hineinlesen. Zum Beispiel kann man das unbeugsame Dorf mit seinen schrullig-liebevollen Bewohnern durchaus einem typischen osteuropäischen Schtetl nachempfunden sehen. In der Hose von Obelix erkennen manche wiederum eine Anspielung auf die Farben Israels: Blau und Weiß.

Auf einen Blick

37 Abenteuer hat Asterix bereits erlebt, seit er 1959 vom Autor René Goscinny und dem Zeichner Albert Uderzo in Buchform zum Leben erweckt wurde. Nach Goscinnys Tod, 1977, textete Uderzo auch drei Jahrzehnte selber. 2013 erschien mit „Asterix bei den Pikten“ der erste von bisher drei Bänden, welche Didier Conrad (Zeichnungen) und Jean-Yves Ferri (Text) gestalteten. Der jüngste Band, „Asterix in Italien“, erscheint am Donnerstag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2017)

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