Tony Hall, bisher Leiter des Royal Opera House, folgt auf George Entwistle, der wegen Missbrauchsvorwürfen zurücktrat.
Per E-Mail wurden die Belegschaft und die britische Öffentlichkeit am Donnerstag über die Bestellung des neuen BBC-Direktors informiert. Ab März soll Tony Hall, auch bekannt als Lord Hall of Birkenhead, den öffentlich-rechtlichen Sender leiten. Der 61-Jährige war seit 2001 Chef des Londoner Royal Opera House, kennt die BBC aber aus 28 Arbeitsjahren von innen. Er ist ein ausgewiesener Nachrichtenmann, der u.a. Leiter der Abteilung BBC News war und als besonders digitalaffin gilt, da er die Online-Nachrichtensender BBC News Online und BBC Parliament entwickelte.
Hall übernimmt die BBC in einer denkbar schwierigen Zeit. Sein Vorgänger, George Entwistle, musste am 10.November nach nur 54 Tagen im Amt zurücktreten. Der Grund waren Missbrauchsvorwürfe gegen den verstorbenen BBC-Starmoderator Jimmy Savile und ein Vorfall in der BBC-Prestige-Sendung „Newsnight“: Die Redaktion hatte Anfang November einen Bericht gesendet, in dem fälschlicherweise behauptet wurde, ein konservativer Politiker sei in Fälle von Kindesmissbrauch verwickelt. Obwohl der Politiker nicht namentlich genannt wurde, kursierte kurz darauf im Internet das Gerücht, es handle sich um Alistair McAlpine. Die BBC verpflichtete sich danach zu einer Entschädigungszahlung an den zu Unrecht Beschuldigten. „Newsnight“ wird zudem vorgeworfen, Hinweise zum Fall Savile zurückgehalten zu haben.
Halls Bestellung wurde von vielen auffallend positiv kommentiert. Beim Royal Opera House habe er aus einer „strauchelnden eine gut geölte Maschine“ gemacht, sagt ein Kulturkritiker des „Guardian“. „Lasst uns hoffen, das funktioniert auch bei der BBC.“ awa
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2012)