Zensur eines Artikels über Pädophile bei Grünen?

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Die Chefredakteurin der deutschen Zeitung „taz“ warf einen Artikel über den angeblichen Zusammenhang zwischen Kindesmissbrauch und grüner Ideologie kurz vor Redaktionsschluss aus dem Blatt.

Kurz vor Redaktionsschluss hat Ines Pohl, Chefredakteurin der linksalternativen deutschen Tageszeitung „taz“, einen Artikel über das Verhältnis der (deutschen) Grünen zur Pädophilie aus der Wochenendbeilage geworfen. Begründung: Er enthalte falsche Tatsachenbehauptungen. Am nächsten Tag in der Redaktionskonferenz war laut „FAZ“ nur mehr schwammig von „falschen Kausalzusammenhängen“ die Rede.

Der entfernte Artikel war von Christian Füller, der nicht nur in der „taz“, sondern auch beim „Spiegel“ und in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ schreibt. Eines seiner zentralen Themen ist Bildung. In „Sündenfall“ (2011) untersuchte er die Missbrauchsfälle an der hessischen Odenwaldschule, fragte er rhetorisch, „ob nicht der Missbrauch die Achillesferse der Reformpädagogik ist“.

Die provokante These des nicht erschienenen „taz“-Artikels lautet: „Pädophilie war in der grünen Ideologie angelegt.“ Füller schreibt etwa über eine junge Frau, die schilderte, wie sie als Zehnjährige von ihrem Onkel missbraucht wurde und darauf von Mitgliedern der grünen Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule, Päderasten und Transsexuelle (SchwuP) öffentlich verspottet wurde.
Er zitiert den berüchtigten Text „Der große Basar“ (1975), in dem Daniel Cohn-Bendit (angeblich fiktive) sexuelle Handlungen mit Kindern beschreibt. Und er fragt, „wie grüne Politiker derart drastische Missbrauchsschilderungen lesen konnten, ohne sich an die Seite der Opfer zu stellen“. Seine Antwort: „Weil die Grünen Gläubige sind. Sie glauben an die Moral von der Bewahrung der Schöpfung, der ehrlichen Politik und an eine bessere, weil grüne Welt. Empathie gibt es bei den Grünen nur für die Opfer der anderen.“ Die katholische Kirche, so Füller, arbeite ihre Missbrauchsfälle „besser und gründlicher“ als die Grünen auf. Diese hätten „Glück, dass sie als Partei keine Schulen, Kitas oder Internate betrieben haben, Orte also, an denen das Menschenmaterial vorhanden gewesen wäre, um ihre Befreiungsideologie jugendlicher Sexualität auszuleben“.

Die „Welt“ kommentierte am Montag: Ein „taz“-Artikel über drohende Entlassungen in der „BZ“-Redaktion habe „nackte Nazi-Sprache“ verwendet, das habe in der Redaktion kaum jemanden gestört. „Dass nun ein Text über grüne Pädophilie gekippt wird, ist deshalb ein Vorfall von einiger Tragweite.“ Bettina Röhl schrieb in Facebook von einem „Presseskandal“ bei der „pädophil selbst außerordentlich kontaminierten ,taz‘“. Die linksliberale Wochenzeitung „Der Freitag“ sieht dagegen eine „Dämonisierung der Grünen als Partei des kollektiven Kindesmissbrauchs“. Die grüne Partei habe sich anders als die katholische Kirche nie um die Sexualität ihrer Mitglieder gekümmert. tk

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2013)

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