Prostitution degradiert Frauen zum käuflichen Geschlecht

Sex workers attend a protest demonstration after French deputies voted for a reform of prostitution law in Paris
Sex workers attend a protest demonstration after French deputies voted for a reform of prostitution law in ParisReuters
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Unter der Ägide von Alice Schwarzer hat "Emma" einen Appell gegen Prostitution verfasst. Inzwischen haben ihn bereits fast 10.000 Menschen unterzeichnet.

Prostitution ist „das älteste Gewerbe der Welt“? Prostitution ist „ein Beruf wie jeder andere“? Prostitution wird es immer geben, denn ihre Abschaffung ist utopisch? Falsch. Auch die Abschaffung der Sklaverei galt vor gar nicht so langer Zeit noch als Utopie. Und auch wenn die Sklaverei aus unserer Welt keineswegs ganz verschwunden ist, so wäre es heutzutage für einen aufgeklärten, demokratischen Staat doch undenkbar, die Sklaverei zu tolerieren oder gar zu propagieren.

Doch genau das tut Deutschland mit der Prostitution: Es toleriert, ja, fördert diese moderne Sklaverei (international „white slavery“ genannt). Die Reform des Prostitutionsgesetzes 2002, die angeblich den geschätzt 700.000 Frauen (Mittelwert) in der Prostitution nutzen sollte, trägt die Handschrift der Frauenhändler und ihrer Lobbyisten. Seither ist Deutschland zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden. Ein deutscher Sonderweg. Selbst die Niederlande rudern zurück. Die skandinavischen Länder haben schon vor Jahren die Ächtung und Bestrafung der Freier eingeführt. Und Frankreich und Irland sind im Begriff, es ihnen gleichzutun.

Weltweit sind Frauenhandel und Prostitution, beides untrennbar miteinander verbunden, heute neben dem Waffen- und Drogenhandel das Geschäft mit den höchsten Profitraten (über 1000 Prozent). Profit nicht für die Frauen. Selbst die Minderheit deutschstämmiger Prostituierter, oft schon als Kinder Opfer sexueller Gewalt, landet zu über 90 Prozent in der Altersarmut. Ganz zu schweigen von den Ausländerinnen aus der Armuts- und Zwangsprostitution.

Das System Prostitution ist Ausbeutung und zugleich Fortschreibung der traditionell gewachsenen Ungleichheit zwischen Männern und Frauen (und Ländern/Kontinenten). Das System Prostitution degradiert Frauen zum käuflichen Geschlecht und überschattet die Gleichheit der Geschlechter. Das System Prostitution brutalisiert das Begehren und verletzt die Menschenwürde von Männern und Frauen – auch die der sogenannten freiwilligen Prostituierten.

Darum fordern wir von Politik und Gesellschaft:
• eine Gesetzesänderung, die der Deregulierung von Frauenhandel und Prostitution schnellstmöglich Einhalt gebietet und die Frauen sowie die Minderheit männlicher Prostituierter schützt,
• Prävention in Deutschland und in den Herkunftsländern, sowie Hilfen zum Ausstieg für Frauen in der Prostitution und Schutz vor Abschiebung von Zeuginnen sowie deren Aufenthaltsrecht,
• Aufklärung über die Folgen von Frauenkauf bereits in den Schulen etc.,
• Ächtung und, wenn nötig, auch Bestrafung der Freier; also der Frauenkäufer, ohne die dieser Menschenmarkt nicht existieren würde,
• Maßnahmen, die kurzfristig zur Eindämmung und langfristig zur Abschaffung des Systems Prostitution führen.

Ein menschenwürdiges Leben ist denkbar.

Der Appell

Anfang November hat die deutsche Frauenzeitschrift „Emma“ ihre Kampagne für die Abschaffung der Prostitution gestartet. Seither haben sie – zu finden etwa auf emma.de – fast 10.000 Menschen unterschrieben.

Zu den Erstunterzeichnern zählen unter anderen:

Senta Berger, Karen Duve, Jürgen Flimm, Maria Furtwängler, Heiner Geißler, Margot Käßmann, Charlotte Knobloch, Reinhard Mey, Adele Neuhauser, Frank Schätzing, Alice Schwarzer, Marlene Streeruwitz, Sarah Wiener.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.12.2013)

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