Kino-Déjà-vu mit viel Blut am Serienabend

The Blacklist
The BlacklistORF/Sony Pictures
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Der FBI-Thriller „The Blacklist“ und die Psycho-Serie „Bates Motel“ sollen ORF eins aus dem Quotenloch führen.

Nachdem die ORF-Eigenproduktionen „Das Einser-Team“ (mit Armin Assinger) und „Mein Leben“ (mit Mari Lang) dem Sparstift zum Opfer gefallen sind, hat Fernsehdirektorin Kathrin Zechner beschlossen, den quotenschwachen Mittwoch auf ORF eins mit zwei US-Serien wiederzubeleben: Die eine, „The Blacklist“, ist eine breitenwirksame FBI-Agentenserie, die Regisseur Joe Carnahan („Das A-Team – der Film“, „The Grey – Unter Wölfen“) für den Sender NBC realisiert hat. Sie wurde zwar von US-Kritikern wegen Parallelen zu Jonathan Demmes „Das Schweigen der Lämmer“ geschmäht – das könnte man freilich auch als Empfehlung sehen. Die andere Serie, „Bates Motel“ (A&E), ist auf die Zielgruppe der Psychothriller-Connaisseurs zugeschnitten, hat als (in die heutige Zeit versetztes) Prequel zu Hitchcocks „Psycho“ aber auch darüber hinaus Zuschauerpotenzial.

Superschuft „Red“ auf Rachefeldzug

In „The Blacklist“ macht sich Emmy-Preisträger James Spader („Practice – Die Anwälte“, „Boston Legal“) als aalglatter Superschurke Raymond „Red“ Reddington mit Hut und Sonnenbrille auf seinen persönlichen Rachefeldzug. Als Ex-Marine hat „Red“ die Seiten gewechselt – trotzdem will er mit dem FBI zusammenarbeiten, um seinen Feinden das Handwerk zu legen. Wie einst Dr. Hannibal Lecter ist „Red“ eine Art manipulatives Superhirn, das eine junge Agentin (hier: Megan Boone) benutzt, um neben seinem Killerinstinkt auch den Hang zu Psycho-Doktorspielen zu befriedigen. Wenn auch nicht so subtil und ohne die olfaktorischen Präferenzen des Kannibalen Hannibal.

In „The Blacklist“ geht man auch ein wenig humaner mit dem kriminellen Mastermind um: „Red“ wird nicht festgezurrt und maskiert wie ein Monster, er sitzt schon nach kurzen Verhandlungen im Luxushotel statt in Gewahrsam. „Erzählen Sie mir etwas, erzähle ich Ihnen etwas“, lautet sein Credo – entsprechend dem „Quid pro quo“ von Anthony Hopkins als Hannibal –, und sein Versprechen ist eine Drohung: „Ich mach' dich berühmt, Lizzy.“ Die ist aber auch nicht zimperlich – und bohrt ihm kurzerhand den Kuli in die Schlagader, als er nicht reden will...

22 Folgen lang dauert das Gefecht zwischen den beiden in Staffel eins (ab heute, 20.15 Uhr, ORF eins), nebenbei wird in jeder Folge einem anderen Verbrecher das Handwerk gelegt (nicht immer stand dabei die Logik Pate) – da ist „The Blacklist“ wieder ganz typische Serienware. Und vom feinen Sinn für Humor eines Hannibal Lecter ist zumindest in der Pilotfolge nichts zu bemerken. Spaders Charakterdarstellung allerdings ist sehenswert – und hat „The Blacklist“ in den USA Topquoten beschert.

Krankhafte Mutter-Sohn-Beziehung

In „Bates Motel“ wird das Psychologisieren dann auf die Spitze getrieben: Hier kann man der zwischen Mütterlichkeit und Mordrausch mäandernden Norma Bates und ihrem verklemmten Spross Norman (in allen Facetten überzeugend: Vera Farmiga und Freddie Highmore) beim Durchexerzieren einer klischeehaft dargestellten krankhaften Mutter-Sohn-Beziehung zuschauen. Norma Bates legt in den zehn Folgen von Staffel eins (ab heute, 21.55 Uhr, ORF eins) den Grundstein dafür, dass ihr labiles Müttersöhnchen zu jenem Serienkiller wird, den Robert Bloch im Roman „Psycho“ beschrieben und Alfred Hitchcock filmisch verewigt hat. Schon nach zwei Minuten liegt in der u.a. von Carlton Cuse („Lost“) produzierten Serie Vater Bates blutüberströmt in der Garage. Wenig später wird das wohl berühmteste Küchenmesser der Filmgeschichte (oder zumindest ein Lookalike) zweckentfremdet, und die erste Leiche liegt im Motel-Badezimmer. Jede Menge Blut und Quälereien also... Wer's mag!

"The Blacklist" ab 20:15 Uhr mit einer Doppelfolge in ORF eins, um 21:55 Uhr folgt "Bates Motel"

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2014)

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