Freie Journalisten parodieren Imagekampagne der „Zeit“

Foto: Vimeo-Screenshot / (c) Freischreiber, 2014
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Whistleblower im Wald: „Die Zeit“ lässt für eine Imagekampagne ihre Redakteure vor die Kamera treten. Der Berufsverband „Freischreiber“ kontert, um auf die Arbeitsbedingungen freier Journalisten aufmerksam zu machen.

In einer Imagekampagne, die derzeit in den deutschen Kinos läuft, präsentiert die deutsche Wochenzeitung „Die Zeit" ihre Redakteure von ihrer persönlichen Seite. Fünf Videos zeigen die "Zeit"-Redakteure beim Spazieren, auf einer Taxifahrt durch New York oder auf der Fähre über den Bosporus. In poetischer Manier erzählen sie dabei von ihrer Arbeit und ihren journalistischen Idealen. „Freischreiber", der Berufsverband freier Journalisten in Deutschland, nahm die Kampagne zum Anlass, eigene satirische Kurzvideos zu drehen und dabei freie Redakteure zu Wort kommen zu lassen. Mit ihrer Ende Februar veröffentlichten Parodie der „Zeit"-Spots wollen sie auf die prekären Arbeitsbedingungen von freien Journalisten in den Redaktionen aufmerksam machen. Statt der Tagline "Ich schreibe für die Zeit", mit der die Werbevideos stets schließen, enden die Persiflagen mit der Absichtserklärung, zu Freischreiber gehen zu wollen.

Einer der "Zeit"-Redakteure ist der österreichische Journalist Martin Kotynek, der für die investigative Recherche beim Wochenblatt zuständig ist. Im Video spaziert er durch den Wald, seine Stimme erläutert aus dem Off den Stellenwert von Whistleblowern in der Demokratie. In der „Freischreiber"-Version dazu sucht der freie Redakteur Bertram Weiß im Wald völlig verloren nach Whistleblowern: "Die Redaktion hat mich losgeschickt, die Whistleblower zu finden - in den Wald. Seit zwei Tagen bin ich schon unterwegs, aber noch habe ich keinen gesehen."

Aus dem Krisenreporter Wolfgang Bauer, der mit dem Fahrrad über neblige Feldwege fährt und dabei über Heldentum und das Gute im Menschen philosophiert, wird in der „Freischreiber"-Persiflage ein freier Reporter, der sich für eine Reportage mit dem Rad auf den Weg zu Al-Qaida macht, weil ihm die Redaktion keinen Jeep bezahlt. Bis Kairo seien es noch sechs Wochen, und abgerechnet werde natürlich nach Zeile, nicht nach Tagen, erklärt der freie Wissenschaftsjournalist Jakob Vicari im Video.

Zeit-Video

Freischreiber-Video

Der „Freischreiber"-Verband hat die Kampagne der "Zeit" in einer Pressemitteilung als „gute Sache" und „förderungswürdiges Anliegen" bezeichnet. Mit ihrer Sicht auf die Dinge möchten die freien Journalisten die Kampagne unterstützen. „Lassen Sie uns gemeinsam für Autoren und faire Produktionsbedingungen im Journalismus werben", so der Vorsitzende der Freischreiber Benno Stieber.

"Zeit"-Chef Di Lorenzo gefallen Persiflagen

"Zeit"-Chef Giovanni di Lorenzo, der mit der Imagekampagne die jungen "Zeit"-Autoren und ihre persönlichen Geschichten in den Vordergrund rücken wollte, zeigte in einem Interview mit "W&V" vom freitag Gefallen an der Persiflage: "Sie (die Spots, Anm.) gefielen mir gut. Die Kollegen in der "Zeit"-Redaktion haben das vielfältig geteilt und getaggt."

>> Alle „Zeit"-Videos und die jeweiligen Parodien gibt es hier

>> Interview mit Giovanni DiLorenzo im "W&V"

(kanu)

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