Was Adolf Kottan und Nick Knatterton gemeinsam haben

Nick Knatterton
Nick KnattertonKarikaturmuseum Krems
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Heitere Detektivarbeit im Karikaturmuseum Krems: vom heimischen TV-Kult "Kottan ermittelt" bis zur deutschen Wirtschaftswunder-Parodie Nick Knatterton.

Der Kaffeeautomat in der Mitte des großen Ausstellungsraums im Karikaturmuseum Krems gibt einem zwar keinen Kaffee, aber ein gutes Gefühl: Der ewige Kampf des von Kurt Weinzierl gespielten Polizeipräsidenten Heribert Pilch gegen den Kaffeeautomaten zählt schließlich zu den Kult-Zutaten der TV-Serie „Kottan ermittelt“. Dieser gilt ein Schwerpunkt der Ausstellung „Alles klar, Herr Kommissar?“, und man hat es sich nicht nehmen lassen, Designer Franz Piffl und sein Team den widerspenstigen Kaffeeautomaten nachbauen zu lassen.

Auf Hebelzug kommt ein Boxhandschuh aus dem Ausgabefach, beim Drücken der Bestelltasten droht dem Besucher aber kein Pilch'sches Martyrium. Es erklingen nur lustige Sprach-Samples der Serie, z.B. der Song „Ich bin Präsident“ von Kottan's Kapelle, eine Entschuldigungs-Ansage der stets schön surreal eingesetzten TV-Moderatorin Chris Lohner (sie entschuldigt sich dafür, dass es keine Programmausfälle gab) oder die polizeipräsidiale Feststellung: „Ich lass mich von einem windigen Kaffeeautomaten net zum Trottel machen!“ Samt der unvermeidlichen Entgegnung: „Von wem dann?“

„Wo sind wir denn, den Wiener als Trottel hinstellen! Schade ums Geld für diesen Dreck. Pfui, pfui, pfui“, ist nebenan in Telefonprotokollen zur ORF-Ausstrahlung der dritten „Kottan“-Folge zu lesen: Der schräge Humor der Serie sorgte für heftige Reaktionen – in dem Fall: 497 Anrufe, davon neun positive Stimmen und 484 negative (die anderen vier wollten wissen, warum die Sendung verspätet anfing). „Jetzt warn wir froh, dass der Mundl aufhört...“, schimpfte einer, der nächste meinte: „Mundl ist dagegen ein Klassiker.“ So schnell kann's gehen: Wie zuvor die Mundl-Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“ wurde „Kottan“ vom Aufreger zum Klassiker, sein Humor vom ersten Auftritt 1976 bis zum plötzlichen Abgang 1984 immer absurder. Autor Helmut Zenker und Regisseur Peter Patzak schufen Österreichs einzig eigen- und beständigen Beitrag zum TV-Krimi – nicht nur der Satz „Inspektor gibt's kan“ wurde ein geflügeltes Wort (so heißt auch das Buch zur Ausstellung von Zenkers Söhnen Jan und Tibor.)


David Hasselhoff als Kottan? Unabhängig davon, welche Kottan-Periode man bevorzugt – von der ersten, melancholischen Inkarnation durch Peter Vogel zum Anarcho-Slapstick mit Kabarettstar Lukas Resetarits als Kottan III –, der populäre Nachhall der Polizeisatire ist unleugbar. Sie inspirierte sogar Comics: Sowohl Strips (1983 in der „Krone“, seit 2012 im Wiener Bezirksblatt) und Heftreihen verschiedener Zeichner, die im Karikaturmuseum als Anbindung dienen, samt großformatiger Gemälde heimischer Künstler, die Kottan & Co. Tribut zollen: Sammy Konkolits hat Helmut Zenker buchstäblich mit dem Schalk in den Augen porträtiert. Archiv-Fundstücke reichen von einer Vorstudie (Zenkers Geschichte „Mord in der Springerstraße“ mit dem Ermittler Ludwig Pollack) bis zu Zeitungsmeldungen, die 1987 ein Kottan-Film-Revival in Aussicht stellten – mit David Hasselhoff in der Hauptrolle!

Im Obergeschoss kombiniert man dazu einen karikaturistischen Kriminal-Klassiker, dessen geflügeltes Wort „Kombiniere...“ lautet: Der deutsche Detektiv Nick Knatterton, geschaffen von Manfred Schmidt (1913–1999), um Comics – „diese primitivste aller Erzählformen“ – in Grund und Boden zu parodieren: „Vom ,Superman‘ befruchtet, kam ich in einer stürmischen Herbstnacht des Jahres 1950 unter Rotwein-Anästhesie ziemlich schmerzfrei mit dem spitzköpfigen Meisterdetektiv Nick Knatterton nieder“, sagte Schmidt später, als erfolgreich Gescheiterter. Denn sein im Magazin „Quick“ serialisierter Detektiv war so beliebt, dass Schmidt trotz Ausbruchsversuchen immer wieder zurückkehrte. Wie bei Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes – von dem doch mehr in Knatterton steckt als von Superman – wurde die populäre Kreation Segen und Fluch für den Erfinder. Seine Erfindung zeigt sich im Ausstellungs-Rückblick als Inbegriff der Parodie einer Ära, deren Sexismus und Technikgläubigkeit (Knattertons Hitze-Resistenz verdankt sich Asbest-Unterwäsche!) Schmidt ironisch illustrierte. Oft mit modernen Mitteln wie den „Röntgen“-Querschnitten des Innenlebens von Gerätschaften – etwa jener üppigen Dame, bei der es sich um eine Wachsfigur mit Abhör-Tonbändern im BH handelt: „Eine Figur wie das Wirtschaftswunder“, heißt es dazu trocken: „repräsentativ, aber innen hohl und voll Technik.“ Knatterton schiebt beim Entdecken des Sachverhalts gleich noch einen Kalauer nach: „Eine sehr aufnahmefähige Persönlichkeit.“

Auch Emil ermittelt

„Alles klar, Herr Komissar?“ heißt (nach Falcos von „Kottan“ inspirierter Liedzeile) die aktuelle Ausstellung im Karikaturmuseum Krems. Zum Kottan-Knatterton-Schwerpunkt zeigt die „Jugendabteilung“ Isabel Kreitz und ihre feine Comic-Version von Kästners „Emil und die Detektive“ sowie die illustrierte Kinderbuchserie „Detektivbüro LasseMaja“.
Infos: karikaturmuseum.at. Tgl. 10-18h, bis 16. November 2014.

Steckbrief

Martin Schmidt
wurde 1913 geboren. Er wollte erst in die Filmbranche, wurde aber Pressezeichner.

Mit Karikaturen kam er in den 1930ern zu schnellem Ruhm. Im Weltkrieg zeichnete er widerwillig NS-Propaganda, später nannte er sich „Edelkommunist“.

Nick Knatterton hatte Schmidt bereits 1935 in eine Kurzgeschichte gesteckt. 1950 machte er den Detektiv zum Comic-Helden, dessen Erfolg er nicht mehr entkam – auch als er sich später doch noch dem Trickfilm zuwandte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2014)

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