ORF-Gebühren: Zur Kasse, bitte!

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Alexander Wrabetz fordert – angeblich mit Rückendeckung der SPÖ-Führung – eine Gebührenerhöhung. Andernfalls drohten „drastische“ Maßnahmen.

Am Samstag verdichteten sich die Gerüchte – von „ganz oben“ aus der SPÖ, dem Vernehmen nach von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, soll der ORF-General das Signal mit dem O. K. für einen Antrag auf Erhöhung der ORF-Gebühren erhalten haben, wurde da berichtet. Am Sonntag ging Alexander Wrabetz dann in die Offensive – und bestätigte in einem Gespräch mit der „Presse“: Er werde dem Stiftungsrat, der am 13.Dezember zu seiner letzten Sitzung im heurigen Jahr zusammen trifft, eine Gebührenerhöhung vorschlagen. „Es gibt nur ein entweder – oder.“ Will heißen: Eine Gebührenanpassung von sieben bis zehn Prozent – oder „drastische Einsparungsmaßnahmen“. Wrabetz muss den Stiftungsräten noch diese Woche einen mittelfristigen Finanzplan bis 2010 vorlegen – schon 2008 muss wegen Euro '08 und Olympia auf 36,5 Millionen Euro aus Reserven zurückgegriffen werden. Eine Maßnahme, die nicht alle Jahre möglich und argumentierbar ist.

ÖVP, BZÖ dagegen; SPÖ dafür

Heute, Montag, soll der Vorschlag im ORF-Direktorium endgültig beschlossen und dann an den Stiftungsrat übermittelt werden. Dort formierten sich bereits am Sonntag die Fronten: „Wer jetzt die Gebührenzahler zur Kasse bitten will, erweist dem ORF einen Bärendienst“, meinte Franz Medwenitsch, der Leiter des bürgerlichen „Freundeskreises“ im Rat, zur „Presse“: „Niemand würde verstehen, dass für ein schlechteres Programm, das von deutlich weniger Zuschauern gesehen wird, nun auch noch höhere Gebühren zu bezahlen sind.“ Er vermisse ein „durchdachtes Sparkonzept“ und „verstehe den Kurs der ORF-Führung nicht“ und werde ihn daher auch nicht unterstützten.

BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz kündigte „massiven Widerstand“ gegen eine Gebührenerhöhung an: Dass man nun die Gebührenzahler zur Kasse bitten will, sei „ein Skandal der Sonderklasse“, meint er. Karl Krammer, Leiter des SPÖ-„Freundeskreises“, zeigte sich zwar enttäuscht, dass seine Forderungen in Richtung Politik (Refunderiung der Gebührenbefreiung, Nachjustierungen bei den Werbebeschränkungen) nun von den aktuellen Ereignissen überrollt wurden, stellt aber eine Zustimmung zum Antrag in den Raum: „Eine Adaptierung der Einnahmenseite über Gebühren muss von Zeit zu Zeit notwendig sein“, meinte er am Sonntag im Gespräch mit der „Presse“. Denn, so Krammer: „Öffentlich-Rechtliches gibt es nicht zum Nulltarif.“ Die Erfüllung des Auftrages ziehe „notwendigerweise“ auch Kosten nach sich – „daher ist es im Umkehrschluss logisch, die Gebühren von Zeit zu Zeit zu adapieren“.

1 bis 1,50 Euro mehr pro Monat

Auch Wrabetz schlägt in dieselbe Kerbe, wenn er argumentiert, die angedachte Gebührenerhöhung sei ja ohnehin nur eine „teilweise Abgeltung“ der Inflationsverluste: „Seit der letzten Gebührenerhöhung 2004 haben wir bis inklusive 2008 einen Inflationsverlust von 10,1% erlitten.“ Vermutlich per 1.Juli könnten daher die ORF-Gebühren angehoben werden: „zwischen einen und eineinhalb Euro pro Monat und Haushalt“, rechnet Wrabetz vor. Die zusätzlichen Mittel sollen dann „auch für den österreichischen Film und für österreichische Serien verwendet werden“. Mit Filmen wie „Zodiac“ oder „Oben ohne“ habe der ORF „gezeigt, dass er österreichische Identität schafft, die die Bürger woanders nicht bekommen“.

Sparen: Bei Film, Landesstudios, HDTV

Das allerdings sei nur ein Szenario, das er dem Stiftungsrat vorlegen werde. Das zweite allerdings klingt nicht nach einer tragbaren Alternative: „Wenn es keine Einnahmenseitigen Maßnahmen gibt, dann heißt das, es muss weitere drastische Einsparungen im Bereich Film, bei den Landesstudios und bei den neuen Technologien geben – Ausbauszenarien wie etwa für hochauflösendes Fernsehen HDTV werden wir dann nicht realisieren können.“ Der ORF habe jahrelang keine Inflationsabgeltung bekommen, argumentiert Wrabetz. „So wie die Schweizer, die für die Einführung von HDTV eine extra Gebührenerhöhung bekommen haben, wollen wir nicht vorgehen.“

40 Prozent der Rundfunkgebühr gehen an Bund und Länder, allein 50 Millionen Euro jährlich entgehen dem ORF, weil die Politik die Refundierung der Gebührenbefreiung im Jahr 2001 gestrichen hat. Ob er sich von der Politik im Stich gelassen fühlt? Ob es weh tut, wenn Gebührengelder in die Altstadtsanierung und für die Freiwillige Feuerwehr verwendet werden? „Ich gehe davon aus, dass die Stiftungsräte der Länder auch hier ein offensives ORF-Szenario unterstützen, weil es ja vor allem auch um die Landesstudios geht. Und andere Realitäten werden kurzfristig nicht änderbar sein.“

Eine Gebührenerhöhung hingegen sollte für Wrabetz wesentlich leichter zu stemmen sein: Nachdem bei dieser Frage die vom Betriebsrat entsandten Räte nicht mitstimmen dürfen, entscheiden 30 Stiftungsräte darüber, ob die Gebühr angehoben wird oder nicht. Ohne Betriebsräte bleiben 13 dem (eher Gebührenfreundlichen) SPÖ-„Freundeskreis“ zuzurechnende Räte, der ÖVP-„Freundeskreis“ (hier muss Wrabetz mit einer Abfuhr rechnen) zählt elf – 16 Stimmen braucht Wrabetz für die einfache Mehrheit, um seinen Plan durchzubringen. Mit den SPÖ-Stimmen darf er rechnen, auch in der ehemaligen „Regenbogenkoalition“ gibt es einige, die sich schon früher einer Gebührenerhöhung gegenüber offen gezeigt haben. Von den Vertretern der Länder, deren Landesstudios sonst Einbußen drohen würden, ganz zu schweigen...

30–40 Mio. Euro mehr für den ORF

Eine Gebührenerhöhung würde dem ORF zusätzliche Einnahmen von 30 bis 40 Millionen Euro jährlich bringen. Wrabetz kann damit sein Betriebsergebnis – 2008 beläuft sich das geplante Minus auf 90 Millionen Euro – aufbessern. Auf Sparmaßnahmen wird der ORF-Chef dennoch nicht verzichten können. Den Betriebsräten (auf deren Wohlwollen Wrabetz bei der Zustimmung zur Gebührenerhöhung ja nicht angewiesen ist), stellt er daher im Vorfeld der für diese Woche anberaumten Gehaltsverhandlungen eine harte Verhandlungsposition in Aussicht: „Ich erwarte, auch wenn wir auf der Einnahmenseite etwas in Aussicht haben, Einsparungen in der Lohnrunde. Wir wollen substanziell niedriger abschließen als in anderen Branchen.“ Der Betriebsrat des ORF-Fernsehens setzt sich gegen Wrabetz' Pläne, in den nächsten drei Jahren etwa 60 Planposten durch Nichtnachbesetzung einzusparen, zur wehr. Am Mittwoch wird die nächste Front eröffnet: mit einer Betriebsversammlung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2007)

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