Casey Kasem: He kept on reaching for the stars

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Casey Kasem, 34 Jahre lang Moderator der „American Top Forty“, starb an einer Form der Demenz.

Casey Kasem war uns eine Stimme Amerikas, flott und jovial, und er lehrte uns ein Wort, das wir nicht in Englisch gelernt hatten: „Goin' up three notches this week“, sagte er etwa über einen Song, und wir brauchten lange, bis wir verstanden: „Notch“ heißt Kerbe, und der gute Kasem verwendet das für die Plätze der „American Top Forty“, die er 34 Jahre lang moderierte, nie ohne am Schluss seinen schönen Gruß zu sagen: „Keep your feet on the ground, and keep on reaching for the stars!“ Was er sonst plauderte, in seinem hurtigen, doch eleganten Singsang, war nicht immer so rührend, aber er wusste über jeden Song etwas zu sagen, und sei es nur, wie viele „notches“ er in der Wertung gestiegen oder gefallen sei. Und dann war da noch die „Long distance dedication“, die transatlantische, die (zumindest für unsere Ohren) mondänere Version des Wunschkonzerts.

Libanesischer Abstammung

Er war eine Stimme Amerikas, die eigentlich Kemal Amin Kasem hieß, geboren in Detroit als Sohn libanesischer Eltern. Schon im Koreakrieg war er DJ und Sprecher beim „Armed Forces Radio Korea Network“. Das von ihm selbst mitgestaltete Format der „American Top Forty“ war international erfolgreich: Hunderte Radiostationen übernahmen die Sendung. Wir hörten Casey Kasem erst auf Ö3, dann, als dieser Sender auf Stromlinie gebracht war, auf Blue Danube Radio, schließlich auf FM4, wo er nicht wirklich hinpasste: Denn „alternative mainstream“ war da kaum etwas in der amerikanischen Hitparade, nur Mainstream, und oft war's ernüchternd und/oder tröstlich, wie viel seichte und platte Songs man da auch hörte. Kasem konnte nichts dafür. Er konstantierte nur die „notches“. Nur wenn ein Songtitel ihm zu unanständig war, etwa George Michaels „I Want Your Sex“, sprach er ihn nicht aus und sagte nur „George Michael's latest“. Er selbst mochte Rockmusik nicht, sagte er einmal, und: Er sehe sich in der arabischen Tradition des Erzählers.

Bis 2009 erzählte er. Seine letzten Jahre müssen tragisch gewesen sein: Casey Kasem litt an Lewy-Körper-Demenz, der nach Alzheimer zweithäufigsten Demenzerkrankung. Seine zweite Ehefrau und seine Kinder stritten lange, wie man ihn pflegen solle. Ein Gericht sprach den Kindern das Entscheidungsrecht zu. Als der Zustand ihres Vaters sich wieder verschlimmert hatte, entschieden sie, medizinische Behandlung sowie Zufuhr von Nahrung und Flüssigkeit einzustellen. Er starb am Sonntag im Alter von 82 Jahren in einem Krankenhaus in Gig Harbour, Washington. Virtuelle „long distance dedications“ aus aller Welt fliegen ihm zu. (tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2014)

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