Presse-Freiheit: Sterben für die Wahrheit

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„Reporter ohne Grenzen“ ehrt mutige Journalisten. Der Press Freedom Award soll 2009 an mutige Journalisten aus Armenien, Aserbaidschan und Georgien gehen.

Wäre nicht Reuters-Fotograf Gleb Garanich in der Nähe gewesen und hätte auch noch mit eisernen Nerven auf den Auslöser gedrückt, Stan Storimans wäre bloß eine weitere Nummer auf den Todestabellen der Journalistenorganisationen. Aber die schockierenden Bilder, wie der tote RTL-Kameramann von verzweifelten Rettern in ein Auto gehievt wird, machen das Vergessen schwer.

Storimans wollte am 12.August aus der damals noch von russischen Truppen besetzten georgischen Stadt Gori berichten – und bezahlte seinen Einsatz für die Wahrheit mit dem Leben. Wie das holländische Außenministerium am Montag mitteilte, soll es eine russische Streubombe gewesen sein, die Storimans und sieben weiteren Personen zum Verhängnis wurde. Russland hat den Einsatz solcher Munition im Georgien-Krieg bisher bestritten.

Webseiten im Krieg blockiert

Nur an 141.Stelle steht Russland auf dem World Press Freedom Index 2008, den Rubina Möhring, Präsidentin von „Reporter ohne Grenzen“ Österreich, am Mittwoch präsentierte. Georgien ist auf Platz 120 abgerutscht. Wahl- und Kriegszeiten bedeuten nichts Gutes für die Pressefreiheit. „Während des Krieges zwischen Russland und Georgien wurden russische TV-Kanäle in Georgien abgedreht, wechselseitig Webseiten blockiert und wurde einseitig berichtet“, sagt Miklos Haraszti, Medienbeauftragter der OSZE.

Die Organisation unterstützt – wie auch die UNESCO – „Reporter ohne Grenzen“ bei der Vergabe des Press Freedom Award, der 2009 an mutige Journalisten aus Armenien, Aserbaidschan und Georgien gehen soll. Die OMV stellt das Preisgeld von insgesamt 15.000 Euro zur Verfügung. Albert Rohan, ehemaliger Generalsekretär des Außenministeriums, ist Sprecher der Jury. Bekommen sollen den Preis Journalisten, die in diesen drei „sehr schwierigen Ländern“ dennoch „in der Berichterstattung den aufrechten Gang bevorzugen“, wie Möhring sagt.

Die Organisation unterstützt in Bedrängnis geratene Journalisten zum Beispiel durch Bereitstellung eines Anwalts, greift Familien inhaftierter Kollegen finanziell unter die Arme. Und sie arbeitet mit sanftem Druck auf Regierungen, indem Vergehen gegen Pressefreiheit, Gewalt gegen Journalisten öffentlich aufgezeigt und publiziert werden. Nicht immer muss es Tote geben: Auch in Westeuropa ist die Pressefreiheit gefährdet – wenn auch aus anderen Gründen: Medienkonzentration, Regierungsnähe von Medien, prekäre Beschäftigungsverhältnisse.

Brandbomben und Prügel

In Georgien hat sich die Lage seit Ende des Konflikts mit Russland gebessert. Internet und Fernsehen laufen wieder. Aber Journalisten haben nicht überall im Land Zugang. Aserbaidschan erreichte 2007 traurige Berühmtheit – als europäisches Land mit den meisten inhaftierten Journalisten (neun). Heuer sind es nur vier. „Wir sind erfolgreich mit unseren Interventionen“, freut sich Haraszti. In Armenien wie Aserbaidschan gebe es aber immer noch physische Attacken gegen Journalisten, Prügel, Haft, Brandbomben gegen Autos. „Es ist für Journalisten in den drei Ländern sehr schwer, unabhängig zu berichten“, sagt Rohan: „Das erfordert viel Mut.“ Die Mutigsten dürfen auf den Preis hoffen. Und müssen um ihr Leben bangen.

FREIHEITSINDEX

Die Besten: Island, Luxemburg und Norwegen führen im „World Press Freedom Index“ 2008 die Tabelle als jene Länder an, in denen es um die Pressefreiheit besonders gut bestellt ist.
Österreich hat sich leicht auf Platz 14 verbessert.
Schlusslichter: China, Vietnam, Kuba, Burma, Turkmenistan, Nordkorea und – mit dem schlechtesten Wert – Eritrea rangieren in Sachen Pressefreiheit an letzter Stelle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2008)

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