Nach dem Urteil: Kratzen an der ORF-Gebühr

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Aufregung nach dem Urteil. Wer den ORF technisch nicht empfangen kann, muss kein Programmentgelt zahlen: Ein Brief an die GIS sollte genügen. Kommt eine ORF-Steuer?

Es herrscht Aufregung, seit der Verwaltungsgerichtshof im Sinne eines TV-Konsumenten entschieden hat: Wer den ORF aus technischen Gründen nicht sehen kann, muss auch kein Programmentgelt zahlen. Der Mann darf sich also die rund 15 Euro im Monat, die aus der GIS-Gebühr an den ORF gehen, sparen. Nur die Rundfunkgebühr sowie den Kunst- und Kulturförderungsbeitrag (gesamt zirka fünf Euro) muss er zahlen, diese sind an den bloßen Besitz eines Fernsehgeräts geknüpft.

Doch was bedeutet diese Entscheidung für alle anderen TV-Konsumenten? In folgenden Fällen kann man sich nach Ansicht von Experten das Programmentgelt sparen, weil man den ORF nicht empfangen kann:


► Der TV-Empfang läuft nur über Analog-Satellit (ohne DVB-T-Box).

► Man besitzt ein TV-Gerät mit Antennenempfang, aber keine DVB-T-Box - und lebt in einer Region, in der man den ORF nicht mehr über analoge Antenne empfangen kann.

► Bei Digital-Sat ohne Receiver, der für die ORF-Smart-Card geeignet ist, scheiden sich die Geister. Der ORF meint, es falle Programmentgelt an, weil solche Haushalte ORF Europe und Sport Plus empfangen können. In allen Fällen ist Voraussetzung für die Gebührenbefreiung, dass die TV-Geräte selbst nicht DVB-T-tauglich sind.

Kompliziert wird es mit Digital-Sat-Haushalten, die die ORF-Card zwar verwenden könnten, dies aber nicht wollen. Dies sei ein „Grenzfall", meint der Wiener Anwalt Thomas Höhne. Es sei aber absolut möglich, dass auch hier keine Gebührenpflicht besteht. Anwaltskollege Karl-Arthur Arlamovsky geht da eher von einer Gebührenpflicht aus: denn das Gerät sei hier technisch für den ORF-Empfang geeignet. Die Gunst der Stunde nicht nutzen können Kabel-TV-Kunden, sie „müssen" weiter ORF empfangen: Die Kabelbetreiber sind gesetzlich verpflichtet, die ORF-Programme einzuspeisen.

Verfahren kostet geschätzte 1200 €

Wie geht man vor, wenn man das Programmentgelt sparen will? „Ich würde empfehlen, einen Feststellungsbescheid anzufordern", sagt der Salzburger Rechtsanwalt Arnold Gangl. Er hatte jenen Mann vertreten, der den Fall vor dem VwGH ins Rollen brachte. Ein Brief an die GIS reiche. Darin sollte man schildern, warum man den ORF technisch nicht empfangen kann. Sollte die GIS freilich auf volle Gebührenpflicht beharren, muss man berufen: Zunächst beim „Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern", letzte Instanz ist der Verwaltungsgerichtshof. Das kann geschätzte 1200 € kosten. Das Geld bekommt man nur ersetzt, wenn man im Prozess siegt.

Dass die Angelegenheit mehr ist als ein „Sturm im Wasserglas", wie ORF-Sprecher Pius Strobl meint, zeigen Reaktionen aus Stiftungsrat und Politik. Ministerin Heidrun Silhavy meint, es sei „naheliegend, dass man gesetzlich klarstellen muss", dass der ORF seine Gebühren bekommt - unabhängig von der Empfangbarkeit der Programme: Das wäre z. B. über eine Art ORF-Steuer oder -Abgabe möglich. ÖVP-Stiftungsrat Franz Medwenitsch hält das Urteil für „alles andere als erfreulich" für den ORF: Es widerspreche der Grundidee der Gebührenfinanzierung. Strobl kalmiert: Es seien „weniger als 10.000 Haushalte betroffen."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2008)

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