ORF: „Diese Maßnahmen sind nur Überschriften“

(c) APA (Harald Schneider)
  • Drucken

Punktuell und konzeptlos scheint der ORF-Sparplan, so Kritiker. Generaldirektor Alexander Wrabetz trifft am Dienstag den Betriebsrat.

Ausgerechnet die in Gebärdensprache übersetzte „Wochenschau“ und das Migrantenmagazin „Heimat, fremde Heimat“: Diese beiden Sendungen werden als erste als Programmveränderungen nach der Präsentation des ORF-Sparplans genannt. Das empörte den Publikumsrat am Montag, schließlich seien Minderheiten betroffen, die gerade der ORF bedienen sollte. Generaldirektor Alexander Wrabetz argumentierte, die „Wochenschau“ sei ein „Nice-to-have“, aber kein „Must“. Der Vorschlag der Redaktion, eine deutliche Kostensenkung durchzuführen – um etwa die Hälfte auf 370.000 Euro – werde derzeit geprüft, so Wrabetz. Eine Entscheidung falle in den nächsten Tagen – auch für „Heimat, fremde Heimat“.

„Bitte an der Maschine sparen“

Dem drohe aber nicht die Absetzung; laut dem Generaldirektor soll das Format modernisiert werden. Informationsdirektor Elmar Oberhauser werde entscheiden, in welcher Form und in welchem Rhythmus die Sendung künftig gezeigt wird.

Publikumsratsvorsitzender Georg Weißmann appellierte grundsätzlich an Wrabetz: „Es ist ja nur ein Sparen an der Maschine oder am Produkt möglich. Wir bitten Sie, Letzteres nur im äußersten Fall anzurühren.“ Das Gremium gab entsprechende Empfehlungen an die Geschäftsführung ab.

Allerdings wird – vor dem Stiftungsrat kommende Woche – ORF-intern und im ORF-Umfeld (parteipolitisch übergreifend) bemängelt, der Geschäftsführung fehle es an einer inhaltlichen „Vision“, einem „Leitbild“ für Struktur und Programm. Zentralbetriebsratschef Gerhard Moser geht sogar so weit: „Die vergangenen Donnerstag präsentierten Schritte sind nur Überschriften.“ Die Quote der beiden TV-Programme fiel im November leicht auf 37,3Prozent. Der Zielmarktanteil 2009 liegt bei 40Prozent.

Schon am Donnerstag tagt eine Vorhut des Stiftungsrats, sein Finanzausschuss. Die Einsparungen fürs Budget 2009 betreffen dem Vernehmen nach das Programm, die noch zu verhandelnde Nulllohnrunde und Änderungen des Kollektivvertrags.

„Das hat er ja auch nicht getan“

Moser wehrt diese ab: Von einer erneuten Verwandlung der 2003 Angestellten in freie Mitarbeiter hält er im Gespräch mit der „Presse“ nichts. Er selbst sei seit Ende der Achtziger freier Mitarbeiter im ORF gewesen, und längst „verdeckter Angestellter“ (nämlich Producer einer täglichen Ö1-Sendung und Betriebsrat), als er 2004 nach dem neuen Kollektivvertrag angestellt wurde.

Obwohl für heute, Dienstag, schon die zweite Gehaltsrunde angesetzt war, findet nun die erste statt. Wrabetz hatte die Belegschaftsvertreter vergangenen Donnerstag aufgrund einer überzogenen Direktoriumssitzung warten lassen, woraufhin die nicht mehr gesprächsbereit waren. Ob Wrabetz auch in Bezug auf den neu geschaffenen Posten von Reinhard Scolik (zentrale Personal- und Programmplanung) die Zustimmung des Betriebsrats brauche? Moser: „Der Generaldirektor wäre gut beraten gewesen, eine so weitreichende Entscheidung des Personalmanagements vorab mit uns zu besprechen. Aber das hat er ja auch nicht getan.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.