Rechnungshof: ORF-Organisation nicht effizient

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Hohe Personalkosten, zu großer Stiftungsrat und Doppelgleisigkeiten: Dem ORF wird im Rechnungshof-Bericht schlechte Organisation attestiert.

Äußerst kritisch fällt der offizielle ORF-Rechnungshofbericht aus. "Dem ORF fehlte nach wie vor eine umfassende Gesamtstrategie. Die Folge waren ineffiziente Organisationsstrukturen, nicht realisierte Einsparungspotenziale und hohe Personalkosten", so der Kern des knapp 90-seitigen Berichts. Insgesamt habe der öffentlich-rechtliche Sender hohes Reform- und Sparpotenzial. So seien der ORF-Stiftungsrat und die ORF-Direktorium zu groß dimensioniert. Der Organisation des Senders werden zudem "Schnittstellenprobleme, Doppelgleisigkeiten und nicht klar abgegrenzte Verantwortlichkeiten" konstatiert.

Empfohlen wird eine Auflösung der Online-Direktion, da Online-Agenden auch von der "am Markt gut positionierten" Tochtergesellschaft ORF Online und Teletext umgesetzt werden könnten. Die Einsparung der Führungsstruktur würde immerhin 750.000 Euro bringen.

Fernsehen, Radio und Online zusammenlegen

In einigen Medienbereichen des ORF seien Produktionsabläufe in den Redaktionen und Programmabteilungen wenig aufeinander abgestimmt. So würden in den einzelnen Direktionen "mehrere Organisationseinheiten" bestehen, die "annähernd gleiche Sachthemen" wie Information, Kultur, Sport, Wetter oder Religion behandeln. Der Rechnungshof schlägt vor, "die generelle redaktionelle Trennung von Fernsehen, Radio, Online und Teletext zu überdenken". Jeder Redakteur "sollte Beiträge für Fernseh- und Radioprogramme sowie für das Internet verfassen". In den Landesstudios sei dies "standardmäßig bereits eingeführt".

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Moniert wird weiters die 2007 erfolgte Zweiteilung der TV-Hauptabteilung Information. "Dies hatte zur Folge, dass zusätzlich stellvertretende Chefredakteure, eigene Sendeverantwortliche und fünf Ressortverantwortliche bestellt wurden. Gegenüber 2004 erhöhte sich der Personalstand um 13,2 Prozent", heißt es im Rechnungshofbericht. Der ORF begründete dies mit mehr journalistischer Vielfalt und einer Ausweitung des Produktionsumfangs.

Bei Sportrechten sparen?

Auch bei den Sportrechten wünscht sich der Rechnungshof mehr Kostenbewusstsein. Die Programmkosten im Sport betrugen 2004 rund 57 Millionen Euro und stiegen bis 2007 auf knapp 71 Millionen Euro an. Wesentlicher Faktor dabei waren die Rechte- und Lizenzkosten. Bei Neuabschluss von Lizenzverträgen sollten deshalb künftig "wirtschaftliche Gesichtspunkte und die Relation der Sendekosten je Minute zur erzielten Reichweite" berücksichtigt werden. Der bisherige Umfang der Sendung von Sportveranstaltungen sollte demnach evaluiert werden.

Die Rechte- und Lizenzkosten verteilten sich 2007 zu 55,7 Prozent auf den Bereich Fußball (23,6 Mio. Euro), zu 22 Prozent auf die Formel 1 (9,32 Mio.), zu 13,4 Prozent auf den Wintersport (5,66 Mio.) und zu 6,5 Prozent auf Sonderproduktionen bzw. Großereignisse (2,76 Mio.).

Optimierungsbedarf orten die Prüfer auch im Marketing- und Personalwesen. 17 Organisationen und Tochterunternehmen würden ohne einheitliches strategisches Marketingkonzept operieren, sieben Organisationseinheiten seien mit Personalagenden betraut. Beim Radio Symphonie Orchester (RSO) hält man die Forderung nach Ausgliederung und klarer Definition des Auftrags aufrecht.

Für "tiefgreifende Reform" der ORF-Organisation

Der Rechnungshof spricht sich insgesamt für eine "tiefgreifende Reform" der ORF-Organisation aus: deutliche Straffung, flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege, klare Verantwortungen. "Insbesondere sollten die Anzahl der Direktoren reduziert, die Anzahl der Hauptabteilungen und sonstiger Organisationseinheiten verringert, die einzelnen Leistungsbereiche qualitativ verbessert, das bisherige Leistungsangebot eingeschränkt, Synergien stärker genutzt sowie die Redaktionen und Ressorts bereichsübergreifend vernetzt werden." Eine Umsetzung dieser Empfehlungen sei laut Rechnungshof "dringend erforderlich".

ORF-Technik zu teuer

Kritisch beurteilt wird auch die Situation in der ORF-Technik, jener Direktion mit dem größten Personalstand im ORF-Konzern. Kritikpunkte: Die hohen Kosten der technischen Eigenleistungen würden die Konkurrenzfähigkeit des ORF beeinträchtigen.

Standort Haas-Haus kostet 570.000 Euro mehr

Auch einzelne Produktionen nahm der Rechnungshof ins Visier. Durch den Umstand, dass die politische Diskussionssendung "Im Zentrum" nicht am ORF-Standort, sondern im Wiener Haas-Haus produziert wird, würden dem ORF jährliche technische Mehrkosten von rund 570.000 Euro entstehen. Auch die externe Produktion der "Barbara Karlich Show", für die der ORF zuletzt knapp vier Millionen Euro zahlte, könnte ORF-intern möglicherweise kostengünstiger umgesetzt werden.

Der Rechnungshof hält eine Strukturänderung, Produktivitätssteigerung und Kostenreduktion im Bereich der Technischen Direktion für unbedingt erforderlich. Darüber hinaus werden umfangreiche Ausgliederungen empfohlen.

"Massive Sparpotentiale"

Rechnungshof-Präsident Josef Moser mahnt die dringende Umsetzung der Empfehlungen ein. "In der ORF-Organisation lungern massive Verbesserungspotenziale und enorme Sparvolumen", sagte Moser. FPÖ und BZÖ sprachen sich für eine Veränderung des ORF-Gesetzes und einer Verkleinerung des Stiftungsrates aus. Die Grünen sehen die Politik am Zug, die Einnahmensituation des ORF zu verbessern. Medienstaatssekretär Ostermayer sieht die Forderung der Regierung nach einem Zukunftskonzept für den ORF durch den Rechnungshofbericht bestätigt.

(APA/Red. )

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