ORF: Kurssuche auf rauer See

(c) APA (Harald Schneider)
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Alexander Wrabetz legt Zukunfts-Konzept vor, rechnet mit seiner vorzeitigen Ablöse. Dass er selbst bis 2011 das Steuerrad in der Hand hält, glaubt er nicht.

Am Freitag hat ORF-Kapitän Alexander Wrabetz den Stiftungsräten unterbreitet, wie man den ORF seiner Ansicht nach in eine erfolgreiche Zukunft navigieren könnte. Dass er selbst bis 2011 das Steuerrad in der Hand hält, glaubt er nicht: Es sei „davon auszugehen“, dass die Geschäftsführungsperiode „kürzer dauert als bis 2011“. Und zwar bis zum neuen ORF-Gesetz – das könnte im Herbst in Kraft treten. Das will Wrabetz:

Angebot ausbauen, nicht reduzieren: Wrabetz meint, eine Einschränkung des Programmauftrags oder des Angebots würde die Gebührenlegitimation gefährden. Er will mehr Spartenkanäle: ORF Sport plus, einen Info/Kultur-Kanal, dazu will der ORF auf Kika ein zweistündiges Kinderprogrammfenster schalten (Verhandlungen laufen).
Bekenntnis zur „kostenfreien Nutzung“ aller ORF-Inhalte – auch im Internet. Wrabetz stellt sich „entschieden“ gegen Ideen in der EU, „enge Regulative“ für Öffentlich-Rechtliche durchzusetzen, insbesondere gegen Beschränkungen der Online-Aktivitäten.
Auf das Kerngeschäft konzentrieren: „Kerngeschäft des ORF ist die Contentproduktion“, heißt es. „Alle Unternehmensbereiche, die nicht unmittelbar der Produktion von Content dienen, sind zu hinterfragen und [...] gegebenenfalls auszulagern.“ Wrabetz wird dem Stiftungsrat am 2.April vorschlagen, Facility Management, Rundfunk-Symphonieorchester und die Ausstattung auszulagern (sehr viel mehr werden die Räte nicht zu entscheiden kriegen). Vorerst vom Tisch: Gründung einer Marketingtochter und Auslagerung der Rechteverwertung. Allerdings: Es soll künftig zu viel weitreichenderen Auslagerungen kommen.
Geschäftsführung und Personal sparen: Wrabetz will eine Geschäftsführung aus fünf Leuten: einen TV-, Hörfunk-, Technik-, kaufmännischen Direktor und einen General. Es soll „Channelmanager“ bzw. im Radio voll verantwortliche Senderchefs geben – also je einen für ORF1, ORF2, Ö1 etc. Hauptabteilungen werden gestrichen: im TV auf fünf, im Hörfunk auf ein bis zwei. 25 Prozent der Führungspositionen des mittleren Managements sollen wegfallen.
Marken schärfen: Um ORF1 unverwechselbarer zu machen, soll mehr in Eigenproduktionen investiert werden. ORF2 soll seinen regionalen Aspekt mithilfe der Landesstudios stärken. Zu diesen bekennt sich Wrabetz – fordert dort aber die Einsparung von mindestens 100 (der etwa 1000) Posten.
Duale Finanzierung: Der ORF sei „strukturell unterfinanziert“, mit Programmentgelt allein – ohne Werbung – „bei Weitem nicht finanzierbar“. Wrabetz will einen „wesentlichen Prozentsatz“ der mit dem Teilnehmerentgelt entrichteten Bundes- und Landesanteile für den ORF – in Summe geht es um 220Mio. Euro. Und er will „die 100-prozentige Refundierung“ der Gebührenbefreiungen – macht weitere 57Mio. Wrabetz' Ziel: bis 2013 ein ausgeglichenes Finanzergebnis.
Die Übersiedlung weg vom Küniglberg wird vorerst im Stiftungsrat nicht zur Abstimmung gebracht, bleibt aber Wunsch: „Der neue zentrale ORF-Standort mit technologisch hochwertiger Vernetzung zu den Landesstudios ist der Mittelpunkt der digitalen, trimedialen Contentproduktion des ORF.“

Neues aus dem Rat

Ex-ÖFB-Präsident Beppo Mauhart (SP-Pensionistenverband) zieht als Nachfolger von Fritz Muliar in den ORF-Publikumsrat ein. Damit bleibt die „Farbenlehre“ im Rat gleich – auch Muliar galt als SP-nahe.

Im Stiftungsrat kann Mauhart Muliar nicht beerben – der Sitz steht einem direkt gewählten Rat zu. Daher dürfte die Wahl entweder auf Erwin Steinhauer (Bildung) oder auf Barbara Blaha (Jugend) fallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2009)

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