"Datum": Anzeigenstornos nach Bericht über Fake-Postings

Screenshot: diepresse.com
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Das Monatsmagazin berichtete über eine PR-Agentur, die für ihre Kunden Fake-Profile in sozialen Medien anlegte. Nun hätten drei große Unternehmen ihre Anzeigen im Magazin zurückgezogen.

Das Monatsmagazin "Datum" ist nach kritischen Berichten über gefälschte Postings in Web-Foren mit Anzeigen-Stornos konfrontiert. Die Zeitschrift veröffentlichte im Herbst Recherchen, wonach die PR-Agentur Modern Mind Marketing für Unternehmen wie ÖBB, Bank Austria oder die Wiener ÖVP positive PR-Postings verfasst hatte. Laut "WirtschaftsBlatt" hat dies nun finanzielle Konsequenzen für "Datum".

"Drei große Unternehmen haben Anzeigen zurückgezogen und gebuchte Aufträge storniert", sagte "Datum"-Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner dem "WirtschaftsBlatt". Fixe Vereinbarungen seien nicht eingehalten worden, ohne das zu kommentieren, und Anzeigen seien in einem "spürbaren Ausmaß" storniert worden. Darüber hinaus habe es während der Recherchen auch direkte Interventionen gegeben, von denen man sich aber nicht habe einschüchtern lassen. Anwaltsdrohungen seien bisher ohne konkrete Folgen geblieben.

Redakteurin "darf nichts Kritisches mehr schreiben"

Das "WirtschaftBlatt" berichtet daneben von einem weiteren Fall, bei dem "eine große österreichische Handelskette unlängst dermaßen Druck auf eines der großen österreichischen Wirtschaftsnachrichtenmagazine ausgeübt hat, dass dieses eine geplante Geschichte über die Handelskette eingestampft hat". Die für den Bereich zuständige Redakteurin "darf nun nichts Kritisches mehr über das Unternehmen schreiben".

Der Entzug von Anzeigen als Druckmittel gegen kritische und für wohlwollende Berichterstattung ist in Österreich keine Seltenheit. Als etwa das Wochenmagazin "News" im Herbst 2013 über angeblich illegale Parteispenden bei der ÖVP berichtet hatte, stoppte die Partei mitten im Nationalratswahlkampf ihre Anzeigenaufträge bei "News". Bei den öffentlich bekannt gewordenen Fällen dürfte es sich freilich nur um die Spitze des Eisbergs handeln. Medienmacher berichten Off-Records immer wieder von Drohungen mit Anzeigen-Entzug, sei es aus der Politik oder - wie im aktuellen Fall - von Wirtschaftsunternehmen.

PR-Ethik-Rat: "Anzeigen-Entzug ist überkommen und unprofessionell"

Kritik an dieser Vorgangsweise kommt vom PR-Ethik-Rat, einem Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der in Österreich tätigen PR-Fachleute. Dort hält man Anzeigenstornos als Revanche für kritische Berichte für bedenklich. "Die Methode an sich, kritische Berichterstattung mit 'Anzeigen-Entzug' zu bestrafen, sehe ich als überkommen und unprofessionell an", so Brigitte Mühlbauer, stv. Vorsitzende des PR-Ethik-Rats, im "WirtschaftsBlatt". "Anzeigenschaltungen dürfen nicht mit redaktionellen Inhalten verquickt oder gar mit wohlwollender Berichterstattung junktimiert werden", weist Mühlbauer auf den in verschiedenen Ethik-Kodices verankerten "Trennungsgrundsatz" hin.

Der PR-Ethik-Rat hat dazu erst vor kurzem das Memorandum "PR-Ethik unter den Bedingungen des Medienwandels" veröffentlicht. Darin ist von "immer brisanter werdenden kritischen Erscheinungen in der gesamten Kommunikationsbranche" die Rede. Diese "Erscheinungen" seien dabei, "eine alles Vertrauen der Mediengesellschaft zerstörende Kraft anzunehmen, wovon vor allem der Journalismus und die Öffentlichkeitsarbeit in allen Medien betroffen sind".

(APA)

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