Der Testbetrieb für den Übertragungsstandard DAB+ wird auf Mai verschoben. Statt 14 sind nur noch 12 Sender dabei.
Der ORF nimmt nicht am Digitalradio-Testbetrieb in Wien teil. Dies erklärte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz in einem Brief an Gernot Fischer, Geschäftsführer des Verein Digitalrado Österreich. Der ORF verzichtet demnach "aus rechtlichen Gründen" auf den ursprünglich für April angesetzten Testbetrieb. Zuvor hatte bereits der Privatsender Kronehit seine Teilnahme an dem DAB+-Projekt abgesagt.
Ziel eines Testbetriebes sei die Erprobung "programmlicher Entwicklungen", verwies ORF-Chef Wrabetz auf das Privatradio-Gesetz. "Daher kommt für den ORF nur die Teilnahme mit einem eigenen Programm in Frage", so Wrabetz. Der öffentlich-rechtliche Sender hatte für den Testbetrieb im Großraum Wien ein neues, etwas jüngeres Radioformat mit dem Titel "Ö3 Visual" geplant. Die Medienbehörde KommAustria hat die Veranstaltung eines weiteren, auch bloß online verbreiteten Programms jedoch für unzulässig erklärt.
Die Medienbehörde reagiert verwundert auf die ORF-Argumentation: Der Antrag des ORF für ein "Ö3 Visual" habe mit DAB+ gar nichts zu tun gehabt – vielmehr hätte es sich dabei um ein TV-Programm gehandelt, das parallel zu Ö3 online laufen sollte, sagt der Sprecher der Medienbehörde, Andreas Kunigk, zur "Presse". Für ein solches neues TV-Programm gebe es aber keine gesetzliche Grundlage – daher wurde "Ö3 Visual" auch nicht genehmigt. Sehr wohl dürfe der ORF aber neue Programme in einem Testbetrieb für Digital-Radio ausprobieren. Hätte der ORF "Ö3 Visual" als Testprogramm für DAB+ beantragt, wäre es vermutlich nach Klärung von Detailfragen möglich gewesen. Der ORF habe die KommAustria aber nicht einmal gefragt.
Kronehit-Chef: "Mir ist UKW zu wichtig"
Auch Kronehit will nicht am Testbetrieb teilnehmen. Damit nehmen die beiden größten Player am heimischen Radiomarkt vorerst nicht am Testbetrieb teil. DAB+ würde mehr Konkurrenz am Radiomarkt ermöglichen – bis zu 24 bundesweite Radiosender in Österreich wären denkbar.
Kronehit hatte bereits am Montag wegen Bedenken gegen die geplante Vermarktung des Projekts den Ausstieg verkündet. Kronehit-Geschäftsführer Ernst Swoboda sieht den Verein Digitales Radio von der Elektronikbranche getrieben, das Marketingkonzept für den Test zeige eine Grundtendenz gegen UKW. "Mir ist UKW zu wichtig", als dass er sich die Gattung Radio mit einem Pilotversuch "demolieren" lasse, "damit man 100.000 DAB+-Empfangsgeräte verkauft", sagte Swoboda.
Beim Verein Digitalradio Österreich will man sich von den Absagen unterdessen nicht entmutigen lassen. "Wir werden weiter tun und nicht das Handtuch werfen", sagte Geschäftsführer Fischer gegenüber der APA. "Ich gehe von mindestens 12 Programmen aus, sonst wären es 14 gewesen." Der Start des Testbetriebs dürfte sich dabei etwas in den Mai hinein verschieben.
Die Kritik von Kronehit-Chef Swoboda wies Fischer zurück. Das Marketingkonzept für das DAB+-Projekt sei "überhaupt nicht" UKW-feindlich. "Niemand hier würde die Gattung UKW-Radio angreifen wollen." Das Vorgehen von Kronehit sei deshalb auch "kein schöner Zug". Fischer vermutet hinter dem Vorgehen vielmehr Verzögerungstaktik. Kronehit habe vermutlich ein Interesse daran, sein Alleinstellungsmerkmal, das einzige bundesweite Privatradio zu sein, möglichst lange zu verteidigen.
Schweiz: Umstellung bereits im Gange
Während es gegen den Digitalradio-Testbetrieb in Österreich also Widerstand aus der Branche gibt, haben in der Schweiz die öffentlich-rechtliche SRG und die Privatsender erst vergangenen Woche eine Vereinbarung unterzeichnet, die den Wechsel von der analogen UKW- zur digitalen DAB+-Verbreitung definiert. Ziel ist es, in der Schweiz ab dem Jahr 2020 Radioprogramme nur noch digital und hauptsächlich über DAB+ zu verbreiten. Spätestens 2024 soll der letzte UKW-Sender vom Netz genommen werden. Im Vorjahr wurden in der Schweiz nahezu zwei Millionen DAB+-Radios verkauft. 15 bis 20 Prozent der Hörer verfügen bereits über Digitalradio.
(APA)