Warum der ORF „House of Cards“ nur im Nachtprogramm zeigt

Netflix Garners Two Top Show Nominations With 'Cards,' 'Orange'
Netflix Garners Two Top Show Nominations With 'Cards,' 'Orange'(c) Bloomberg
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Zu kleine Zielgruppe, inhaltlich zu speziell: warum der ORF die Erfolgsserie nur im Nachtprogramm zeigt.

Seit Montag treibt der zynische Frank Underwood wieder sein politisches und moralisches Unwesen auf ORF eins. Kevin Spacey und Robin Wright haben als skrupelloser Präsident und eiskalte First Lady das Weiße Haus erobert und arbeiten nun mit allen Mitteln am Machterhalt: Staffel drei von „House of Cards“ ist angelaufen.

Wer sich für die hohe Schule des Intrigantentums interessiert, muss sich allerdings bis 23.45 Uhr gedulden. Warum zeigt der ORF diese hochgelobte, mehrfach Emmy- und Golden-Globe-prämierte Politthriller-Serie so spät?, fragte „Die Presse“. ORF-Film- und Serienchefin Andrea Bogad-Radatz hat geantwortet: Wegen des „sehr in die Tiefe der US-amerikanischen Innenpolitik“ gehenden Inhalts und der Detailverliebtheit in der Darstellung des Polit-Establishments sei die Zielgruppe, die man mit „House of Cards“ auf Dauer generieren könne, „doch eher eingeschränkt“.

Das vom Streamingdienst Netflix entwickelte Format war international ein Überraschungserfolg. Bogad-Radatz relativiert: „House of Cards“ werde zwar von Kritikern bejubelt, aber vom breiten Publikum im deutschen Sprachraum „nicht in ausreichendem Maß gewürdigt“. „Obwohl die Serie ein Hochglanzprogramm ist, ist sie unserer Erfahrung nach für den Hauptabend zu schmal, was das Publikumsinteresse angeht“ – im Hauptabend müsse man „die breite Masse erreichen“. Vergangenen Montag sahen 35.000 Zuschauer (fünf Prozent Marktanteil) zu.

Keine Zuschauerzahlen von Netflix

Der ORF sei „der einzige große Vollprogrammsender im deutschen Sprachraum, der ,House of Cards‘ anbietet“, sagt Bogad-Radatz. Man habe das Format günstig in einem Rahmenvertrag gekauft, weil es für einen späten Sendeplatz vorgesehen war. Vom Interneterfolg ist sie nicht ganz überzeugt: „Wie viele Zuschauer die Serie im Netz hat, ist reine Spekulation, da Netflix absolut keine Zahlen dazu veröffentlicht. Man könnte fragen: Warum?“

Auffallend ist die wechselnde Beginnzeit der „ZiB24“ – montags läuft sie um 23.25 Uhr, vor „House of Cards“. Der ORF verweist auf „zahlreiche Publikumswünsche nach einer regelmäßigeren und vor allem früheren Beginnzeit“ – daher habe man den „ZiB24“-Sendeplatz mit jenem für die US-Serie getauscht. Wenn da nur nicht bald Jack Underwood bei ORF-Chef Alexander Wrabetz interveniert . . . (i. w.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2015)

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