„Sprache:Sex“: Laue Gespräche über die beste Sache der Welt

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Die Doku von Saskia Walker und Ralf Hechelmann, wirkt mehr bemüht als gelungen.

„Let's talk about sex/baby/let's talk about you and me/let's talk about all the good things and the bad things/that may be . . .“ Die wilden 1960er- und 1970er-Jahre waren lang vorüber, als 1991 eine Gruppe kesser Ladies unter dem Namen Salt 'n' Pepa die Hitparade mit diesem frivolen Song stürmte. „Sprache:Sex“ von Saskia Walker und Ralf Hechelmann fehlt diese augenzwinkernde Note. Niveauvoll und mit Anspruch soll es zugehen, versichern die beiden. Schnarch. Formal ist der Film interessant, die Namen der Gesprächspartner bleiben ausgespart.

Ein pubertierendes Büblein wünscht sich ein hübsches und kluges Mädchen, das vielleicht über Facebook aufzutreiben wäre. Dass Mädchen immer in Gruppen auftreten, stört die Eroberungsabsichten des Knaben. Zwei ältere Herren geben mächtig an mit ihren Experimenten, doch später bekennen beide, dass die Zeiten der großen Abenteuer schon ein Weilchen zurückliegen. Ein dritter älterer Herr kann sich nicht vorstellen, noch einmal eine Frau in seine Wohnung zu lassen.

Sex und Geborgenheit, schön und gut, aber die Bedenken wegen der Unordnung, die ein Weib mit seinen vielen Kosmetika im Badezimmer anrichten könnte, überwiegen. Jetzt geht's ein wenig ans Eingemachte: Eine junge Frau kann sich nicht unbeschwert mit ihrem Partner vergnügen, weil die zwei physisch nicht zusammenpassen, was jetzt? Offene Zweierbeziehung? Literaturnobelpreisträger Dario Fo hat darüber ein köstlich-chaotisches Stück geschrieben.

Sie hat öfter Lust als er, oje!

Eine andere junge Frau will mehr Sex als ihr Partner, der außerdem kein Kuschler ist. 80 Minuten dauert der Film, bei dem der Zuschauer seine eigenen Erinnerungen Revue passieren lassen kann. Alles in allem aber hält sich das Aha-Erlebnis in engen Grenzen. Der Film wirkt eher lau, und man bekommt ein paar kräftige Plattitüden serviert, wie, dass der Mensch ein Killerwesen ist, dessen Aggression durch Sex gemildert werden kann. Na so was. Einfach reden über Sex, soll man das machen, und wo? Auf jeden Fall nicht unbedingt vor der Kamera. In dieser Welt, wo Sex und Erotik omnipräsent sind – als Teaser, Aufgeiler, Ware – wo es so viel inszenierte Nacktheit gibt wie vielleicht selten zuvor, wird gern vergessen, dass Sexualität auch ein intimes, spirituelles Element hat, das schwer mit nüchterner Alltagssprache zu vereinbaren ist.

Angesichts des gewaltigen Themas und des noch gewaltigeren medialen Angebots dazu ist „Sprache:Sex“ ein etwas biederer, bierernster Film geworden. (bp)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2015)

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