ORF: Privat-TV will mehr vom Werbekuchen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die EU-Kommission fordert schärfere Kontrolle, die Koalition will am Freitag weiterverhandeln. Mit 35% Marktanteil im Juni hat der ORF seinen bisherigen Quoten-Tiefststand erreicht.

„Dann schütten wir halt noch ein bisserl Geld rein“: Diese Einstellung der Politik zum ORF vermuten die Privatsender – und verlangten am Donnerstag erneut: Verbot der Werbespots im ORF-Hauptabend, Verbot von Product-Placement und einen klaren Programmauftrag. Heute verhandeln die Koalitionspartner wieder über das zu novellierende ORF-Gesetz.

Dabei sind die Privatsender nicht grundsätzlich gegen jedes Zugeständnis gegenüber dem ORF: Er sollte z.B. die gesamten Einnahmen aus den Rundfunkgebühren (ein Drittel davon geht derzeit an Bund und Länder) bekommen, heißt es. Im Gegenzug fordern die privaten Rundfunkbetreiber eben weniger Werbung im ORF, um selbst mehr vom Werbekuchen zu haben – eine durchaus berechtigte Forderung, die in anderen EU-Ländern (mit längerer Privat-TV-Tradition) Realität ist. So käme es zu einer klaren Trennung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk – die Mischfinanzierung verzerre den Wettbewerb, sind die Privaten überzeugt.

Zumindest die EU ist davon nicht überzeugt: Die Kommission teilte nun mit, die Finanzierung öffentlich-rechtlicher Sender bleibe in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Hingegen, und das ist neu, sollen die Einhaltung des Bildungsauftrages der Öffentlich-Rechtlichen besser kontrolliert und Dienste, die sie neu anbieten, vorab geprüft werden.

Ganz in diesem Sinne appellierten die österreichischen Privatsender an die Medienpolitik, sich beim Texten des neuen ORF-Gesetzes nicht nur an den Interessen des ORF zu orientieren. Derzeit scheint das vor allem die SPÖ zu tun, die sich dadurch mehr Einfluss im Rundfunk erwartet; die ÖVP wünscht sich eher einen „schmalen“ ORF – mit Werbebeschränkungen, wie die Privatsender sie fordern.

Wrabetz für Mitsche – und Amon?

Dabei wird der ORF derzeit schon von alleine „schmäler“ – bei Personal und Quote. Im Rahmen des Sparpakets von Generaldirektor Wrabetz wird die Frist für sein „Handshake-Programm“ verlängert. Bis Ende Juni hätten insgesamt 350 Mitarbeiter der Jahrgänge 1952 und früher bzw. Mitarbeiterinnen der Jahrgänge 1957 und davor Zeit gehabt, sich für eine frühe Ablöse gegen „Handshake“ zu entscheiden. Aufgrund Verzögerungen bei der Pensionsversicherungsanstalt haben sie noch Bedenkzeit – bis 31.August. Außerdem werden nun auch bei Ö1 (ähnlich Ö3, FM4) alle Hauptabteilungen bis auf „Information“ aufgelöst. Das Sagen hat dort derzeit Wrabetz, der den schwer erkrankten Radio-Direktor Willy Mitsche vertritt. Inoffiziell wird bereits TV-Chefredakteur Karl Amon als Nachfolger gehandelt.

Und: Mit 35% Marktanteil im Juni (Zuseher ab zwölf Jahren in den Kabel-Sat-Haushalten) hat der ORF seinen bisherigen Quoten-Tiefststand erreicht. trick

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2009)

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