TV-Serie „Geld.Macht.Liebe“: Champagner wie in Dallas

(c) ORF (Ali Schafler)
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Krise? In "Geld.Macht.Liebe", das sich um einen Bankiers-Clan dreht, spielen aktuelle Finanzturbulenzen keine Rolle. Sie tritt in (zu) große Fußstapfen. ORF 2 zeigt die Serie ab 6. Juli.

Es ist ja oft so eine Sache mit dem Timing. Als die Autoren von „Geld.Macht.Liebe“ mit der Arbeit an den Büchern begannen, war noch keine Rede von Weltwirtschaftskrise. „Wir waren unserer Zeit voraus. Wir machten uns sogar Sorgen, ob wir nicht den Begriff ,Bad Bank‘ irgendwie erklären müssten“, erzählt Produzentin Gudula von Eysmondt. Nun, zumindest diese Sorgen haben sich jetzt, da die Serie anläuft, erledigt. Die Autoren konnten auf die Entwicklungen nicht mehr reagieren: Die Finanzkrise spielt nun in der Soap, die immerhin im Bankenmilieu spielt, keine Rolle. Etwas anachronistisch kommt die Saga im Stil der Geld-Dynastie-Serien der 80er à la „Dallas“ und „Denver-Clan“ deshalb daher. Aber glaubt man von Eysmondt, dann ist das sowieso Absicht.

Seine großen Vorbilder verhehlt „Geld. Macht.Liebe“ gar nicht. Schon der Vorspann bedient sich hemmungslos an „Dallas“ und seiner verschwenderischen Lust an pompöser Musik und Splitscreen. Wie es sich für eine anständige Soap gehört, wird der Zuseher auch am Ende jeder Folge mit einem Rätsel neugierig gemacht. Auch da setzte „Dallas“ seinerzeit Maßstäbe: So wurde am Ende einer Staffel der legendäre Bösewicht J.R. Ewing angeschossen, die Auflösung folgte erst Monate später. T-Shirts mit dem Aufdruck „I shot J.R. Ewing“ waren in jenem Sommer übrigens der Renner.

Von solch einem Kultstatus ist „Geld. Macht.Liebe“ noch ganze Ölpipeline-Kilometer entfernt. Der Pilotfilm zeigt höchstens, dass die Autoren ihre Vorlagen gut studiert haben. Da die Rhein-Main-Region nicht sehr reich an Ölvorkommen ist, handelt es sich eben um eine Bankiersfamilie; sie heißt auch passend zur Verortung Rheinberg. Nach Frankfurt hat man es dann auch nicht weit vom Gut. Markus Rheinberg, der immerhin von Burgschauspieler Roland Koch gespielt wird, sieht sich mit mehreren Miseren konfrontiert: Da ist einmal der Sohn des langjährigen Beraters, der die Familie für den Tod des Vaters verantwortlich macht. Wie es die Etikette in solchen Serien erfordert, will er sich nicht weibisch aussprechen, sondern Markus Rheinberg vernichten. Außerdem taucht die verstoßene Tochter der Familie mitsamt Balg aus der „Mesalliance“ mit einem dahergelaufenen Nichtbanker wieder auf.

Wie man mit Domestiken umgeht

Die ganze schöne Millionärssippen-Idylle ist also schneller beim Teufel, als man „vierreihige Perlenkette“ sagen kann. Manche bekommen das gar nicht mit, die Welt ist schließlich in Ordnung, solange Zeit ist, einen Hengst zuzureiten oder ein Wildschwein zu schießen. So richtig angenervt ist aber die traditionsbewusste Clanchefin Lilo (Gerlinde Locker), eine Matriarchats-Bitch der alten Schule, die noch weiß, wie man „mit Domestiken umgeht“. Wenn sie ihren Enkelinnen Schmuck borgt, dann sitzen die ihr wie sabbernde Pekinesen zu Füßen. Würden sie dabei gigantische Schulterpolster à la Krystle Carrington tragen, käme einem das nur folgerichtig vor. Lilo legen die Autoren die tollsten Altertümlichkeiten in den Mund: „Lasst mich den Augenblick nutzen, das Wort an euch zu richten“, sagt sie etwa zur versammelten Familie. Und das ist noch informell bei Rheinbergs.

Starke Mutterfiguren haben durchaus Tradition in TV-Millionärsfamilien. Man denke nur an die über alle Intrigen erhabene Miss Ellie Ewing, die eiserne Despotin Angela Channing aus der Winzersaga „Falcon Crest“ oder die Serienmutter mit dem wahrscheinlich längsten Atem, Stephanie Forrester aus „Reich und Schön“ (über 5500 Folgen bis dato). Das Bankwesen wiederum ist neu in diesem Genre: Machenschaften in Öl („Dallas“ und „Dynasty“, wohl auch beliebt wegen der schmierigen Symbolik) führen, gefolgt von Mode und Wein. Im deutschen Fernsehen wollte man vor 20 Jahren mit „Das Erbe der Guldenburgs“ (Brauerei) schon einmal den Erfolg aus den USA ein wenig ausbeuten. Doch danach konnte sich die amerikanische Tradition der Millionärsfamilien-Seifenoper nicht so wirklich durchsetzen. „Es gab da wahrscheinlich auch eine Übersättigung“, meint Gudula von Eysmondt. Und die soll ausgerechnet in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht mehr herrschen? „Wir glauben, gerade wenn im persönlichen Leben nicht so viel Opulenz da ist, sieht man sich das gerne im Fernsehen an.“ Die TV-Historie gibt ihr recht: Als nämlich die Wirtschaft in der gleichnamigen Stadt wegen der Sparkassenkrise der 80er fast vollständig zusammenbrach, feierte „Dallas“ weltweit Triumphe.

Und zumindest in den USA scheint die These zu stimmen, denn eine der erfolgreichsten TV-Produktionen ist dort derzeit „Gossip Girl“, eine Serie über obszön reiche Teenager. Eine andere jedoch, „Dirty Sexy Money“, mit einem großartigen Donald Sutherland als undurchsichtigem Oberhaupt der reichsten Familie New Yorks, wurde bereits eingestellt. Dabei konnte die mit geschliffeneren Dialogen aufwarten als „Geld.Macht.Liebe“. Da heißt es nur banal „Stil kann man nicht lernen, man bekommt ihn in die Wiege.“ Mehr Stil hatte da schon J.R. Ewing, der schenkte noch Lebensweisheiten wie „Sag niemals die Wahrheit, wenn du auch mit einer guten Lüge auskommst.“

Der Reichtumsreport 2009 hat übrigens ergeben, dass die Zahl der echten Dollar-Millionäre um rund 15 Prozent zurückgegangen ist. Vielleicht spielt dann auch ein bisschen Schadenfreude mit – bei jenen, die ganz unopulent den Rheinbergs beim Kleinen-Finger-vom-Champagner-Glas-Spreizen zusehen.

Texas liegt bei Frankfurt

Geld.Macht.Liebe“ startet am 6. Juli um 20.15 Uhr, in ORF2, danach folgen 18 Teile jeweils Montagabend. Burgschauspieler Roland Koch gibt den skrupellosen Bankier Markus Rheinberg, die Österreicherin Gerlinde Locker ist seine intrigante Mutter Lilo.

„Dirty Sexy Money“: Die Rechte an dieser US-Serie hat der ORF gekauft, sie soll aber frühestens im August zu sehen sein.

„Dallas“, das Vorbild für die Serie „Geld.Macht.Liebe“ war, ist auf DVD erhältlich (Warner Home Video), ebenso der „Denver-Clan“ (Paramount) und „Falcon Crest“ (Warner).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2009)

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