ORF: Die Taktikspiele vor der Wahl beginnen

Neue ORF-III-Reihe ?100 Meisterwerke? im Kunsthistorischen Museum pr�sentiert
Neue ORF-III-Reihe ?100 Meisterwerke? im Kunsthistorischen Museum pr�sentiert(c) ORF (Hans Leitner)
  • Drucken

Im August bestellt der Stiftungsrat einen neuen ORF-Chef. Der amtierende, Alexander Wrabetz, tritt wieder an. Nun wird geprüft, ob Nachnominierungen bis kurz vor der Bestellung erlaubt bleiben sollen.

Es sind noch fünf Monate, bis die 35 Aufsichtsräte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks am 9. August einen neuen Generaldirektor bestellen werden, doch der Tag wirft schon jetzt seine Schatten voraus. In der vorletzten Sitzung des Stiftungsrates am Donnerstag ging es um prozeduale Feinheiten der Bestellung. Der Vorsitzende des Gremiums, Casinos-Vorstand Dietmar Hoscher, will prüfen lassen, ob kurzfristige Nachnominierungen von Kandidaten durch einzelne Stiftungsräte weiterhin möglich sind.

Bisher war das nicht nur erlaubt, der amtierende ORF-Chef, Alexander Wrabetz, stieg 2006 genau auf diese Weise, nur sieben Tage vor der Wahl, ins Rennen um den Posten ein – und stach damit seine Vorgängerin, Monika Lindner, aus. Er trat an, weil er die notwendige Mehrheit von 18 Räten hinter sich wusste. Beobachter wollen Hoschers Vorschlag, dem die Räte am Donnerstag zugestimmt haben, als Zeichen für eine gewisse Unruhe des von der SPÖ unterstützten Kandidaten Wrabetz sehen. Der will nämlich am 9. August zum dritten Mal antreten, das hat er bereits im Dezember klargemacht. Allerdings gilt es auch als gewiss, dass sich der derzeitige (schwarze) Finanzdirektor, Richard Grasl, eine Gegenkandidatur möglichst lange offenhalten will. Noch dazu, weil die ÖVP im Gremium derzeit auf 14 Stimmen kommt, die SPÖ nur auf 13. Wrabetz und seine Unterstützer möchten diese Unsicherheit offenbar aus dem Weg räumen. Da kann Dietmar Hoscher noch so oft sagen, es gehe hier „nicht um Taktik“ – es sieht genau danach aus.

Nun sind die Juristen dran. Verfassungsrechtsexperte Theo Öhlinger und der Verfassungsrichter und ehemalige Stiftungsrat Georg Lienbacher sollen das Gutachten erstellen. Auf Basis ihres Gutachtens will der Stiftungsrat im Juni das endgültige Prozedere für die ORF-Wahl festlegen. Thomas Zach, der Leiter des ÖVP-Freundeskreises, hätte lieber, dass der Stiftungsrat möglichst lange handlungsfähig bleibt. Sein Gegenüber, der SPÖ-Freundeskreis-Chef Erich Fenninger, favorisiert die Einhaltung von Ausschreibungsfristen, will aber einen „breiten Konsens finden“.

Kosten senken beim Neubau

Zweites großes Thema war der Medienstandort Küniglberg. Die ORF-Führung hatte dazu im Herbst eine Kostenwarnung und einen inzwischen wieder aufgehobenen Planungsstopp bei Sanierung und Neubau des ORF-Zentrums verhängt, weil die Kosten bei der Sanierung des ORF-Hauptgebäudes höher ausfielen als erwartet. Nun wurde dem ORF-Stiftungsrat ein Maßnahmenkatalog für die weiteren Arbeiten am Standortprojekt vorgelegt. Ziel ist es, das Budget von 303 Millionen Euro und den Gesamt-Terminplan einzuhalten. So wird es etwa keine Generalsanierung aller Bestandsgebäude geben. Mit dem Bundesdenkmalamt werden Gespräche über kostensparende Kompromissvarianten intensiviert. Funktionsfähige Gebäude wie der 2001 errichtete ORF-Newsroom, die ursprünglich zum Abbruch vorgesehen waren, bleiben weitgehend erhalten. Der Stiftungsrat will seine Kontrollfunktion punkto ORF-Medienstandort stärker wahrnehmen. Am 2. Mai gibt es deshalb einen Sonderfinanzausschuss.

Besprochen wurde auch der Golden Handshake für den langjährigen ORF-Manager Reinhard Scolik, der seit März TV-Direktor beim Bayerischen Rundfunk ist und zum Abschied angeblich über eine Million Euro vom ORF bekommen haben soll. Einzelne Stiftungsräte übten Kritik an der Abfertigungshöhe, noch dazu, da Scolik doch freiwillig in ein anderes Unternehmen gewechselt ist. Es sei weniger als die kolportierte Summe gewesen, hieß es aus dem ORF, aber immer noch rund eine Million Euro. Wrabetz wollte dazu nichts sagen. „Wir haben Hunderte Dienstverhältnisse aufgelöst und nicht öffentlich kommentiert.“ (APA/awa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Medien

ORF-"Wahlkampf" nimmt Fahrt auf

Der ORF-Stiftungsrat tagt zum vorletzten Mal, bevor der neue ORF-Generaldirektor bestellt wird. Es geht dabei u.a. um das Prozedere bei der Bestellung und die Kosten der Sanierung des ORF-Zentrums.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.