Böhmermann sagt kommende Sendung ab

Jan B�hmermann
Jan B�hmermann(c) APA/DPA (Britta Pedersen)
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Wegen "massiver Berichterstattung" macht "Neo Magazin Royale" Pause. Erstmals meldete sich auch ZDF-Chef Bellut zu Wort. Böhmermann sei "einen Tick" zu weit gegangen.

Die Sendung "Neo Magazin Royale" von Jan Böhmermann legt am Donnerstag eine Pause ein. Man habe sich entschieden aufgrund der "massiven Berichterstattung" die nächste Ausgabe nicht zu produzieren, hieß es in einer Facebook-Mitteilung der Sendung. Die Entscheidung sei mit dem ZDF abgesprochen.

Am Montag hatte der türkische Präsident Erdoğan einen Stafantrag gegen Böhmermann wegen Beleidigung gestellt, den die Staatsanwaltschaft Mainz, wo das ZDF seinen Hauptsitz hat, nun prüft. Am Dienstag hat sich ZDF-Intendant Thomas Bellut erstmals zu dem in der Sendung "ZDF Neo Magazin Royale" am 31. März von Böhmermann vorgetragenen Gedicht zu Wort gemeldet. Er stehe weiter zu Satire-Sendungen, "zu Herrn Böhmermann auch", sagte er der dpa, berichtet der deutsche Medienbranchendienst "Turi2". Doch das "Schmähgedicht" sei einen Tick zu hart" gewesen, Böhmermann sei "einen Tick zu weit gegangen", sagte Bellut.

Das ZDF hatte in der Mediathek die Passage aus "Neo Magazin Royal" gelöscht. Das sei allein die Entscheidung des Programmdirektors gewesen, sagt der ZDF-Intendant. Es habe "keinen Druck von außen" gegeben.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bedeutung der Meinungsfreiheit in Deutschland in einem Statement am Dienstag hervorgehoben. "Diese Grundwerte gelten unbeschadet aller politischen Probleme, die wir miteinander besprechen."

"Das ist eine große Schande"

In der Türkei haben sich unterdessen Satiriker zu dem Fall geäußert. "Das ist eine große Schande", sagte der Chefredakteur der Satire-Zeitschrift "Leman", Zafer Aknar, der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag in Istanbul.

Aknar erinnerte daran, dass auch Erdoğan aufgrund eines Gedichts im Gefängnis saß. "Wäre ihm damals die Demokratie nicht zur Hilfe geeilt, wäre er weder Ministerpräsident noch Staatspräsident geworden". Erdoğan war 1998 wegen Volksverhetzung zu zehn Monaten Haft verurteilt worden, von denen er vier absaß. Grund war eine Rede, bei der Erdoğan aus einem religiösen Gedicht zitiert hatte.

Der Chefredakteur der Satire-Zeitschrift "Nokta", Cevheri Güven, sagte, Vorwürfe der Beleidigung Erdoğans würden als "Schlagstock" gegen Kritiker vor allem in der Türkei missbraucht. Inzwischen habe das sogar internationale Ausmaße angenommen. Gegen Güven selbst laufen zwei Strafverfahren wegen Beleidigung des Präsidenten.

Bizarrer Beitrag in Erdoğan-nahem Sender

Der Erdoğan-nahe türkische Sender "A Haber" hat mit einem bizaaren TV-Beitrag auf das "Schmähgedicht" reagiert. In dem Video versucht ein Reporter, auf das Gelände des ZDF zu gelangen. Dass dem türkischen Team der Zutritt nicht gestattet wird, soll als Beleg für den schlechten Zustand der Pressefreiheit in Deutschland dienen.

Nach Angaben des Justizministeriums wurden seit Erdoğans Wahl zum Staatspräsidenten im August 2014 mehr als 1800 Verfahren wegen Präsidentenbeleidigung eröffnet. Dem "Spiegel" zufolge ist Präsidentenbeleidigung damit inzwischen der häufigste politische Straftatbestand in der Türkei.

>> Thomas Belluts Wortmeldung auf "Turi2"

(APA/dpa/Red.)

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