Drozda will „frisches Geld“ für Presseförderung

Thomas Drozda
Thomas Drozda (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Kulturminister Thomas Drozda hält viel von ORF-General Wrabetz und hat „null“ Absprachen zur ORF-Wahl getroffen. Er will bis Herbst „große Pakete“ schnüren – und „auf jeden Fall“ Qualitätszeitungen mehr fördern.

Die Presse: Wie ist denn in letzter Sekunde doch noch eine Einigung bei der Neubesetzung des Rechnungshofs gelungen? Die SPÖ hat letztlich für die ÖVP-Kandidatin gestimmt.

Thomas Drozda: Zum ersten Mal hat vor einer Rechnungshof-Besetzung ein Hearing stattgefunden – das hat ganz klar gezeigt, dass es einen Kandidaten gegeben hat, der besonders qualifiziert war: Gerhard Steger. Er ist im ersten Wahlgang auf 14 Stimmen gekommen. Andererseits ist auch Margit Kraker, die jetzt von SPÖ und ÖVP vorgeschlagen wurde, eine erfahrene, hoch qualifizierte Person und hat im Hearing gute Figur gemacht.

Bei einem normalen Hearing gewinnt in der Regel die Nummer eins.

Ja, und in der Demokratie gewinnt die Mehrheit. Das ist so.

Es gab eine große Erwartungshaltung an die neu aufgestellte Bundesregierung. Kann diese auch zu groß sein?

Die Erwartungshaltung ist groß – berechtigterweise. Das gründet sich auch darauf, dass es ein großes Vertrauen in Bundeskanzler Christian Kern gibt. Jetzt geht es darum, dass man bis zum Herbst große Pakete schnürt. Die Themen sind ja bekannt: Wirtschaft und Arbeitsmarkt, Bildung, Deregulierung und Entbürokratisierung, Start-ups, Unternehmensgründungen, Forschung und natürlich auch das Thema Sicherheit und Integration.

Sind die Themen Maschinensteuer und Vermögenssteuer dabei?

Man kann ja an der Tatsache, dass immer weniger Beschäftigte die Last einer Demografie zu tragen haben – bei geringeren Wachstumsraten –, nicht vorbeigehen. Und ein System, das einzig und allein auf Löhne und Gehälter abzielt, wird auf Dauer nicht die Finanzierung des Sozialstaats sichern. Das ist ein Vorschlag zu einer entscheidenden Frage: Wie finanziert man auf Dauer den Sozialstaat? Ich nenne es aber lieber Verbreiterung der Bemessungsgrundlage als Maschinensteuer.

Sie sehen eine Umsetzung aber erst nach der nächsten Wahl.

Ja, ich sehe das perspektivisch.

Beim Rechnungshof hat man sich geeinigt. Gibt es auch irgendeine Absprache, wer neuer ORF-Chef werden soll?

Null. Keine einzige.

Wie schaut denn der koalitionäre Frieden beim Thema ORF aus?

Der ORF ist das Flaggschiff der Medienlandschaft, und es ist eine entscheidende Frage, ob und wie gut er geführt ist. Der amtierende Generaldirektor, Alexander Wrabetz, macht das seit zehn Jahren – und ich gehe davon aus, dass er das Vertrauen des Großteils der Stiftungsräte, das er bei der letzten Wahl besessen hat, durch seine Arbeit bestätigen wird und erneuern kann.

Was halten Sie von der Idee, das ORF-Gesetz und damit das Konstrukt ORF zu ändern?

Ich sehe das kurzfristig nicht. Der Stiftungsrat bildet, so wie er jetzt zusammengesetzt ist, letztlich die Breite und Vielfalt der Republik ab. Und ehrlich gesagt: Ohne Bundes-, Landes- und Parteienvertreter wird man ein Unternehmen, das letztlich der öffentlichen Sphäre zugeordnet wird, nicht aufstellen können. Ich durfte dem Stiftungsrat ja einige Jahre angehören. Und aus meiner Erfahrung ist natürlich eine Diskussion mit 35 Menschen nicht immer einfach. Umgekehrt gibt es dort ja auch Ausschüsse, die vieles vorbereiten und sehr produktiv arbeiten.

Ist es gut, dass der ORF einen Alleingeschäftsführer hat?

Die Erfahrung der letzten zehn Jahre zeigt, dass das so funktioniert. Und es gab ja auch davor den Generalintendanten.

Also kein rot-schwarzer Schaukampf auf offener Lichtung?

Ich würde das nicht präferieren, weil ich glaube, es nützt niemandem. Das ganze Team hat in den letzten Jahren gut funktioniert. Der ORF ist gut aufgestellt. Dass man jetzt größtes Misstrauen in die Führung haben müsste, ist durch die Fakten nicht zu belegen.

Die neun Landesstudios – sollen sie in der jetzigen Form weiter bestehen?

Ich halte das für wichtig. Wenn man das Land kennt und den Föderalismus ernst nimmt, ist klar, dass sich das in der Struktur des wichtigsten öffentlich-rechtlichen Medienunternehmens abbildet. Dort wird gute Arbeit geleistet und die Trimedialität gelebt.

Was halten Sie vom Vorschlag, die Verträge der nächsten ORF-Direktion mit einer möglichen Änderung des Gesetzes zu befristen?

Ich finde, dass es um Kontinuität und Stabilität in der Führung geht. Und wenn es eine Ausschreibung gibt, dann müssen sich die Bewerber darauf verlassen können, dass sie dann für die Periode, für die sie sich beworben haben, auch den Job machen sollen.

Ihre Vorgänger haben immer wieder eine Reform der Presseförderung ins Auge gefasst. Wollen Sie das noch in dieser Legislaturperiode angehen?

Ich will das auf jeden Fall angehen. Mir ist das ein wichtiges Anliegen, weil ich glaube, dass eine funktionierende Medienlandschaft auch für die Demokratie entscheidend ist. Ich bin ein Verfechter einer funktionierenden, solide finanzierten Medienlandschaft.

Was heißt solide finanziert?

Das heißt, nach Qualitätskriterien und einer Reihe von Überlegungen – jedenfalls auf einem höheren Niveau als derzeit.

Und woher kommt das Geld?

Man wird frisches Geld brauchen. Es gibt noch keine abgeschlossene Meinung dazu, aber es ist klar, dass wir mit neun Millionen an Presseförderung das, was wir mittel- und langfristig absichern wollen, nicht bewerkstelligen werden.

Gleichzeitig kommt es zur Vergabe von Anzeigen in vielfacher Höhe. Könnte das geändert werden? Könnte man aus diesen Mitteln einen Fördertopf speisen?

Da muss man die Beträge in Relation stellen: Das Bundeskanzleramt gibt 2,5 Millionen Euro aus, die Bundesregierung 15 Millionen. Ich glaube, dass wir in der Bundesregierung zu einer Koordinierung kommen sollten. Es wäre viel sinnvoller, würde man sagen, es gibt Schwerpunkte der Regierungsarbeit, die man bewirbt. Man muss darüber nachdenken, das nach überprüfbaren, sachlichen Kriterien zu tun. Nach dem Marktanteil.

Und was wären die Qualitätskriterien?

Die Ausbildung der Journalisten, das Korrespondentennetz, inhaltliche Beilagen wie das Feuilleton . . . Nicht, dass ich ein fertiges Modell hätte.

Könnte eine Mitgliedschaft im Presserat als Voraussetzung für die Förderung festgelegt werden?

Das ist ein Diskussionspunkt, den wir mit dem Koalitionspartner zu führen haben.

Werden Sie den Vertrag von Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler noch einmal verlängern?

Die Ausschreibung der Präsidentschaft ist ernst zu nehmen, das Verfahren auch. Aber die Amtsinhaberin hat exzellente Chancen, als Erstgereihte hervorzugehen.

Was ist mit der Staatsoper? Dominique Meyers Vertrag läuft bis 2020?

Da findet auch eine Ausschreibung statt. Der Amtsinhaber hat immer Chancen, auf etwas zu verweisen. Aber letztlich geht es um das Konzept für die Zukunft. Da wird es eine ganze Reihe von Kandidaten geben. Es geht darum, wie positioniert man die Staatsoper inhaltlich? Legt man beim Musiktheater auch Wert auf das Theatralische oder steht die Musik im Vordergrund? Schließt das eine das andere wirklich aus? Klar ist: Meyer ist selbstverständlich eingeladen, sich zu bewerben.

Und das Haus der Geschichte?

Das Thema ist, dass wir im heurigen Jahr noch weitere Schritte setzen sollen. Die Finanzierung ist im Prinzip beschlossen und soll im Rahmen der Budgetierung des nächsten Jahres fixiert werden. Auf dieser Basis werden wir die Ausschreibungen vornehmen.

ZUM INTERVIEW

Thomas Drozda hat dieses Interview der „Presse“ und den Chefredakteuren der Bundesländerzeitungen „Kleine Zeitung“, „Oberösterreichische Nachrichten“, „Salzburger Nachrichten“, „Tiroler Tageszeitung“ und „Vorarlberger Nachrichten“ gegeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2016)

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