Medienminister Drozda will Facebook zur Kasse bitten

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MINISTERRAT - PRESSEFOYER: DROZDA(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Durch eine Werbeabgabe für Unternehmen wie Google soll das Budget für die Medienförderung auf 15 Millionen Euro erhöht werden.

Minister Thomas Drozda blieb am Montag bis zum Schluss bei der von ihm ausgerufenen Enquete zur Medienförderung neu und lauschte den vortragenden Experten von seinem Platz in der ersten Reihe. Dass allein diese Tatsache zumindest Teile der anwesenden Medienmanager und Vertreter von Interessenverbänden in Verzückung versetzte, zeigt, wie niedrig die Erwartungen der Medienbranche an die Medienpolitik mittlerweile sind. Drozda (SPÖ) hat zu Beginn der Enquete Einblick in seine bereits in der Vorwoche skizzierten Pläne zur lang geforderten Reform der Presseförderung gegeben. Die soll in Zukunft aus einer Produktions-, einer Digitalisierungs- und einer Ausbildungsförderung bestehen.

Finanziert werden soll das neue Modell unter anderem dadurch, dass „Plattformen, die nicht zwischen eigenen und fremden Inhalten unterscheiden“, zur Kasse gebeten werden. Gemeint sind global agierende Unternehmen wie Google, Facebook und Amazon. Sie seien über Mittel wie das Leistungsschutzrecht, das Urheberrecht und die Steuergesetzgebung einzubeziehen, schlägt Drozda vor. Allein aus den Titeln der Werbeabgabe und Umsatzsteuer würde die Dotierung der Presseförderung um zehn bis 15 Millionen Euro steigen. Heute beträgt sie rund neun Millionen Euro.

Die konkrete Ausgestaltung der Medienförderung neu und die Zustimmung der EU-Kommission soll bis zum Frühling 2017 umgesetzt werden. Zum häufigen Kritikpunkt der versteckten Presseförderung über Inserate verwies Drozda darauf, dass die Bundesregierung nicht 200, sondern nur 15 Millionen Euro jährlich für Werbung ausgebe.

15 Millionen Euro Medienförderung sind Thomas Kralinger, dem Verlegerverbands-Präsidenten und „Kurier“-Geschäftsführer, nicht genug. Er forderte eine Aufstockung auf 35 Millionen Euro und verwies auf Dänemark, wo die Medienförderung jährlich 52 Millionen Euro beträgt, knapp zehn Euro pro Einwohner. In Österreich seien es 1,30 Euro. Google, Facebook und andere Internetkonzerne, die Onlinewerbung anbieten, in die Pflicht zu nehmen, begrüßte Kralinger.

Dichand liest Post vom Presserat nicht

„Heute“-Herausgeberin Eva Dichand lehnte eine Medienförderung nach Inhalten klar ab. „Fördern von Inhalten gibt es nirgends, vielleicht in China“, sagte sie. Sie hält nur eine reine Technologieförderung für zielführend. Man müsse sich vom Gedanken lösen, dass alles gedruckt sein muss. Dass bei der Presseförderung nur Print gefördert werde, sei so, als ob man die Pferdekutsche fördert, während das Auto daneben steht. Wenig übrig hatte Dichand auch für die Selbstkontrolle der Medienbranche, den Presserat. Ihr Ehemann, „Krone“-Herausgeber Christoph Dichand, mache die Kuverts vom Presserat „nicht einmal mehr auf“, erzählte sie.

Die Medienexperten Matthias Karmasin und Fritz Hausjell sprachen sich für genauere Förderkriterien und gegen ein Gießkannenprinzip aus. „Gießkannenförderung wird nicht besser, wenn ich die Löcher der Gießkanne vergrößere“, sagte Karmasin. Er plädierte an Minister Drozda, die Reform größer zu denken und auch eine Haushaltsabgabe und die Förderung der Medienkompetenz an Schulen einzubeziehen.

Auch „Profil“-Journalistin Ingrid Brodnig schlug genaue Förderkriterien vor und sprach sich für eine Förderung von Qualität und Innovation aus. Die öffentliche Hand könnte auch nichtkommerzielle Medien wie den Mediawatchblog kobuk und die Rechercheplattform Dossier fördern. (awa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2016)

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