Die Zeitung, der „ultimative Browser“

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Die Branche diskutierte bei den 23. Medientagen über die Zukunft des Gedruckten und neue Erlösquellen.

Die eine gültige Antwort auf die Frage, wie es der Medienbranche gerade geht, gibt es nicht. Es kommt darauf an, wen man fragt. Bei den 23. Österreichischen Medientagen auf dem Campus der Wiener WU fiel das gerade bei den großen Panels mit vielen Diskutanten auf. Während Vertreter von regionalen Verlagen wie Eugen Russ („Vorarlberger Nachrichten“) und Hermann Petz („Tiroler Tageszeitung“) immer noch mit Stolz auf die Stärke der gedruckten Ausgaben ihrer Zeitungen hinwiesen, betonte Mathias Müller von Blumencron, der Digitalchef der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, es sei gar nicht relevant, in welcher Form Journalismus erscheine.

Dass Verlegerverbände immer noch gern betonen, die globale Printauflage würde steigen, bringt ihn zum Lächeln: „Ja, in Indien steigt die.“ Im deutschsprachigen Raum aber sei die Auflage derzeit auf dem Niveau der späten 1960er-Jahre. Müller von Blumencron ist dabei alles andere als printfeindlich. Auch der FAZ-Verlag würde weiterhin Printprodukte entwickeln, so wie der Hamburger Verlag Gruner + Jahr „ein Magazin nach dem anderen“ herausbringe. Aber wenn eines nicht funktioniert, wird es wieder eingestellt. „Wir brauchen eine Kultur des Experiments im Gedruckten wie im Digitalen und einen Wettbewerb der Ideen innerhalb der Verlage.“ Eine Start-up-Kultur solle da etabliert werden.

Eugen Russ wiederum ist sicher auch kein Digitalpessimist. Dennoch sang er ein Loblied auf die gedruckte Zeitung: 800 Meldungen auf 36 Seiten, durchgeblättert in fünf bis sieben Minuten – kein Internetbrowser biete einen so schnellen Überblick wie die Zeitung, sagte er. „Die Zeitung ist der ultimative Browser.“

Apropos Browser. Ob er sich vorstellen könne, einmal Chef des Österreichischen Browserverbandes zu sein, wurde Verlegerverband-Chef Gerald Grünberger gefragt. Er könne sich das vorstellen, antwortete er. Gerade erst habe sich der US-amerikanische Zeitungsverband, die Newspaper Association of America, einen neuen Namen gegeben, nämlich News Media Alliance. Auch der Verlegerverband VÖZ vertrete längst alle Digitalmarken seiner Mitglieder. Grünberger ist sich sicher, dass es den Verband auch in zehn Jahren noch geben werde, weil er „als Interessenvertretung das Geschäft für unsere Verleger“ erledige.

Zu Beginn der Medientage hatte „Horizont“-Verleger Hans-Jörgen Manstein betont, er eröffne die Tagung ein letztes Mal. Im kommenden Jahr werde das der neue Geschäftsführer, Oliver Stribl, tun.

Warum Print kindersicher ist

Am frühen Nachmittag diskutierten Vertreter der Branche über neue Erlösmodelle. Moderator Rainer Nowak („Die Presse“) bat die sechs Diskutanten zu verraten, wie ihr aktuelles Geschäftsmodell aussieht. Trotz der sich rasant verändernden Medienwelt betonten alle, wie wichtig das Kerngeschäft für die Marke und die Erlöse immer noch sei.

Ein Printlob kam auch von „NZZ“-Chef Veit Dengler: „Es ist absolut kindersicher. Wenn etwas runterfällt, passiert niemandem etwas.“ Für ihn sind die Kunden in erster Linie die Leser, die Nutzer oder Teilnehmer. Werbeeinnahmen spielen aus seiner Sicht künftig eine geringere Rolle. Medien hätten bei Onlinewerbung nämlich kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Eine zusätzliche Umsatzquelle seien Konferenzen und Tagungen.

ORF-Onlinechef Thomas Prantner führte neben der ORF-Finanzierung durch Gebühren und Werbung neue Beteiligungen an Plattformen wie Flimmit oder Fidelio sowie die neue „Austria Videoplattform“ an.

aupteinnahmequelle sei aber zu zwei Dritteln die Rundfunkgebühr, auch wenn diese „keine gmahde Wiesn“ sei und immer wieder erkämpft werden müsse. Stefan Lassnig von den Regionalmedien Austria (RMA) appellierte, das eigene Geschäftsmodell nicht andauernd infrage zu stellen. Jenes der RMA, sich als lokale Gratiswochenzeitung zur Gänze über Werbung zu finanzieren, funktioniere. 2015 sei das erfolgreichste Jahr gewesen.

APA-Geschäftsführer Clemens Pig betonte, dass sein Unternehmen trotz 75 Millionen Euro Umsatz pro Jahr frei von Werbung sei. Als Nachrichtenagentur sehe man sich als B2B-Dienstleister der Branche. Um die klassische Nachrichtenagentur habe man aber viele neue Geschäftsfelder, etwa im IT-Bereich, aufgebaut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2016)

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