„Crisis in Six Scenes“: Ein Neurotiker mit extra Komplexen

Miley Cyrus und Woody Allen in ''Crisis in Six Scenes''
Miley Cyrus und Woody Allen in ''Crisis in Six Scenes''(c) Amazon
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Woody Allen selbst verkörpert die Hauptfigur seiner ersten Serie, die aus viel Geplänkel besteht und weder Figuren vertieft noch Handlung vorantreibt.

Er mache jetzt eine TV-Serie, verrät S. J. Munsinger seinem Friseur. Die von Woody Allen selbst verkörperte Hauptfigur seiner ersten Serie „Crisis in six scenes“, ein gealterter Schriftsteller, der seine Existenz weniger mit Büchern als mit Werbesprüchen für ziemlich lächerliche Produkte aufgebaut hat, will es mit Fernsehen versuchen – da gäbe es mehr Geld zu holen. Die Zeile darf wohl als selbstironische, vielleicht auch trotzige Rechtfertigung von Allen selbst interpretiert werden: Er habe „Crisis in six scenes“ nur gedreht, weil der Streamingdienst Amazon ihm ein so hohes Angebot und so viel Druck gemacht hätte, dass er nicht ablehnen konnte, sagte er im Vorjahr selbst. Und fügte hinzu: „Ich habe jede Sekunde bereut.“

Die sechs kurzen Folgen nehmen im Lebenswerk des produktiven Regisseurs folglich keinen nennenswerten Platz ein. Routiniert erzählt er von einem Senioren-Ehepaar in den 60er Jahren, dessen bequemes, apolitisches Vorstadtleben aufgewirbelt wird, als die von der Polizei gesuchte Anti-Vietnam-Aktivistin Lennie (Miley Cyrus) bei ihm einzieht: Da wird plötzlich im ganzen Haus Mao rezitiert, und ein Altdamen-Buchclub träumt von Nacktprotesten.

Allen selbst spielt wieder einmal den Neurotiker, der diesmal mit zusätzlichen Komplexen (Schwerhörigkeit, Verfolgungswahn, Hypochondrie) zu kämpfen hat. Ihre komischen Momente bezieht die Serie hauptsächlich aus seiner Geschwätzigkeit: Wie er es schafft, sich in schwierigen Situationen stets weiter ins Schlamassel hinein statt nur einen Millimeter heraus zu reden, amüsiert, doch der Rest der Serie vergeht mit Geplänkel, das weder die Figuren vertieft noch die Handlung voran bringt. Ins Serienformat mit seinen präzise getakteten Handlungsbögen will die Geschichte einfach nicht hineinpassen. Aber es ist ja nicht so, als hätte Allen uns nicht gewarnt.

„Crisis in Six Scenes“, ab 30. September auf Amazon Prime

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