Ingrid Thurnher will "Club 2" wiederbeleben

Club 2
Club 2(c) ORF (Andreas Friess)
  • Drucken

Als neue Chefredakteurin von ORF III will Ingrid Thurnher den Sender umgestalten: mehr Information, mehr Talk und mehr Liveberichterstattung zu Breaking News.

Seit Jahresbeginn ist Ingrid Thurnher neue Chefredakteurin von ORF III. Nun stellte die ehemalige Moderatorin der Diskussionssendung "Im Zentrum" ihre Pläne für den ORF-Spartensender vor: Sie will der "Information im Sender viel mehr Raum verschaffen". ORF III soll verstärkt als Sender für Breaking News positioniert, im Frühling ein neues Talkformat etabliert und im Herbst der "Club 2" wiederbelebt werden, sagt sie im APA-Interview.

Club 2

Ein "großes gesellschaftspolitisches Diskussionsformat" fehlt nach Thurnhers Ansicht "und ORF III ist der richtige Platz dafür": "Wir versuchen, ganz tabulos zu überlegen, wie man das zeitgemäß umsetzen kann." Heißen wird diese Sendung dann "Club III"? "Das haben Sie jetzt gesagt", will sich die neue Chefredakteurin da noch nicht festnageln lassen.Die legendäre Diskussionssendung "Club 2" lief im ORF von 1976 bis 1995 und von 2007 bis 2012. 

Von 1976 bis 1995 stand die von Kuno Knöbl entwickelte Sendung Dienstag und Donnerstag nach der "Zeit im Bild" auf dem Programm. Die Besonderheit war, dass die spätabendliche Diskussion keine begrenzte Sendezeit hatte. Zum Kult wurde die Sendung auch wegen ihrer kargen Einrichtung (braune Ledersofas) und provokanter Auftritte von Gästen wie Sängerin Nina Hagen oder Schriftsteller Walter Bauer, der sich eine Pistole an die Schläfe hielt.

2007 bis 2012 kehrte der "Club 2" erneut zurück. Mit wechselnden Moderatoren – von Michael Köhlmeier bis Corinna Milborn – und einer fixen Sendezeit.

Details zur dritten Auflage sind noch nicht bekannt.

Neues Talk-Format im Frühling

Information sei noch ein wenig "das Nesthäkchen" im 2011 gestarteten Sender, findet Thurnher und möchte das ändern. Ihr Plan ist es, "konsequent das Informationsprofil auf ORF III auszubauen". Im Frühling "werden wir mit dem ersten neuen Talk-Format starten, das sich den Themenmontag einfügt".

Außerdem soll ORF III seine schlanken Strukturen und sein "flexibles Schema" nutzen, um im Anlassfall schnell live Sendung gehen zu können: "Wenn wir bei großen internationalen Ereignissen Bilder angeboten bekommen, können wir innerhalb von Minuten on air gehen. Da kann ORF III für die Zuschauer einen Zusatznutzen bieten."

Die Arbeit für ORF III fühlt sich für Thurnher ein wenig an "wie in einem Startup". Das Team sei jung, "die Entscheidungswege kurz, das hat eine ganz neue Qualität für mich". Die KV-Verhandlungen seien übrigens kurz vor Abschluss, meint sie auf eine entsprechende Frage - die Mitarbeiter hatten ja unlängst Stillstand beklagt. Zu den ORF III-Quoten will Thurnher aktuell nichts sagen, sie verweist auf die Programmpräsentation im März, wenn Senderchef Peter Schöber auch Bilanz ziehen wird.

Ingrid Thurnher
Ingrid Thurnher(c) APA (ROLAND SCHLAGER)

Causa Tempelberg

Hintergrund ist eine Israel-Reise des knapp unterlegenen FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer im Jahr 2014 und die Darstellung eines dort von ihm erlebten Vorfalls. Hofer hatte im Wahlkampf behauptet, Zeuge eines Terror-Anschlags in der Nähe des Tempelbergs in Jerusalem gewesen zu sein, bei dem eine schwer bewaffnete Frau getötet worden sei.

Der ORF setzt darauf zur Recherche an und ließ im Rahmen des TV-Duells der Hofburg-Anwärter vor der Stichwahl einen israelischen Polizeisprecher auftreten, der erklärte, solch einen Vorfall habe es an besagtem Tag nicht gegeben.

Wahlduell-Moderatorin Thurnher konfrontierte Hofer mit den Recherchen, wenig später stellte sich heraus, dass bei einer Schießerei mit Sicherheitsbehörden doch eine Frau getroffen wurde. Eine unbewaffnete jüdische Israelin, laut Medien-Berichten Mitglied einer radikalen Sekte, wurde von der Polizei gestoppt und verletzt.

Für Thurnher ist der Wechsel zu ORF III ein Abschied vom Rampenlich, schließlich steht sie seit 30 Jahren vor der Kamera und war fast neun Jahre lang das Gesicht von "Im Zentrum". Die exponierte Stellung "nahmen wahrscheinlich die Zuschauer mehr wahr als ich selber", sagt sie. Das Angebot für die ORF III-Chefredaktion "kam zu einem guten Zeitpunkt, etwas Neues zu machen".

"Begrenzter Kreis an Leuten, die man einladen kann"

War das regelmäßige Diskutieren mit einem doch begrenzten Figureninventar auf die Dauer ermüdend? "Es gibt eben in Österreich einen sehr begrenzten Kreis an Leuten, die man zu Sendungen einladen kann, die das auch machen möchten und gut machen. Aber das ist in Deutschland nicht anders."

Dass ihr Wechsel etwas mit der Aufregung über die "Causa Tempelberg" zu tun haben könnte, weist Thurnher einmal mehr als "Quatsch" zurück: "Wenn man wegen so etwas gleich den Job wechseln würde, dann wäre man nicht gut aufgehoben in seiner Aufgabe." 

Thurnhers Vorgänger Christoph Takacs ging als Landesdirektor nach Salzburg, auch, weil der dortige ÖVP-Landeshauptmann den SPÖ-nahen Direktor Roland Brunhofer nicht mehr haben wollte. Solche Vorgänge seien "Teil der Realverfassung des Landes - darüber braucht man nicht lange diskutieren", meint Thurnher dazu. Das zu ändern, sei aber nicht Sache des ORF, sondern des Gesetzgebers.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.