Privatsender versus ORF und „US-Giganten“

Markus Breitenecker (Puls 4).
Markus Breitenecker (Puls 4).(c) APA/ROBERT JAEGER
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Der Privatsender-Verband VÖP legt ein „Weißbuch für den Medienmarkt“ vor – und verärgert den ORF.

Mit einem Schulterschluss ist nicht zu rechnen. Zu unterschiedlich sind die Interessen von Privatsendern und ORF. Ein gemeinsames Auftreten gegen internationale Konkurrenten – allen voran US-amerikanische Social-Media-Netzwerke – ist nicht in Sicht. Das zeigte sich einmal mehr, als Ernst Swoboda („Kronehit“), Markus Breitenecker (Puls 4) und Corinna Drumm vom Verband Österreichischer Privatsender am Dienstag ihr „Weißbuch für den Medienmarkt Österreichs“ vorstellten – und der ORF die ihn betreffenden Forderungen postwendend zurückwies.

Was schlagen die Privatsender vor? Sie wollen „fairen Wettbewerb“. Einerseits gegenüber dem ORF: Er soll nach Ansicht des VÖP in die Schranken gewiesen werden, weil er sich „ungebremst in Richtung eines gebührenfinanzierten kommerziellen Medienanbieters“ entwickle. Die Privaten wünschen sich eine „Präzisierung“ des ORF-„Kernauftrags“: Mehr Public Value, weniger Kommerz. Vorgeschlagen wird z. B., dass die im Gesetz verankerten öffentlich-rechtlichen Inhalte (Information, Kultur etc.) prozentuell festgeschrieben werden (z. B. auf mindestens 20 Prozent der Sendezeit). Der Öffentlich-Rechtliche solle sich bei Rechteverhandlungen zurückhalten (müssen), dafür mehr Content selbst produzieren. Auch eine Reduktion der Werbeintensität des ORF schwebt den Privaten vor. Bei den ORF-Radios wünschen sie sich ein Mindestmaß an Wortanteil. Zwei der vier bundesweiten ORF-Radios sollten außerdem ihre UKW-Frequenzen hergeben und nur noch via DAB+ senden (um den Privaten mehr Frequenzmöglichkeiten einzuräumen und die Umstellung der Konsumenten auf den digitalen Standard zu fördern). Der ORF hält nichts von diesen seiner Ansicht nach „publikumsfremden und bürokratischen“ Regeln. DAB+ wäre ein „kaum empfangbarer“ Verbreitungsweg, heißt es in einer Aussendung.

Nicht erfreut ist der ORF auch über die Vorschläge der Privatsender zur Medienfinanzierung. Ähnlich wie in Deutschland sollten laut VÖP „unabhängige Experten“ die ORF-Finanzierungswünsche prüfen, eine „Stelle mit politischer Verantwortung“ (nicht der Stiftungsrat) die Entscheidung fällen. Gespeist würde das aus einem „zentralen Medienbudget des Bundes“. Der ORF fürchtet deshalb, das könnte seine „Unabhängigkeit aushöhlen“. Aus dem Bundesbudget soll nach Ansicht des VÖP auch die Förderung privater Medien kommen, mit der zusätzlich zu einer Basisförderung u. a. die Digitalisierung und der „strukturelle Wandel“ unterstützt werden sollten.

Drozda: „Bohren dicker Bretter“

Faire Wettbewerbsbedingungen und eine steuerliche Gleichbehandlung wünschen sich die Privatsender gegenüber internationalen Playern und „US-Giganten“ wie Facebook, Google, YouTube etc., die rechtlich nicht als Medienunternehmen gelten und daraus Vorteile ziehen. Der zum Pressetermin geladene Medienminister Thomas Drozda (SP) hält die EU-Regelungen für veraltet, verglich seine Bemühungen in Brüssel allerdings mit dem „Bohren dicker Bretter“: mühsam und langwierig.

„Media Future Perspectives – Das Weißbuch für den Medienmarkt Österreichs“ ist online auf www.voep.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2017)

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