Radio

Ö1 - die von der Welt bewunderte austriakische Melange

In den 60er-Jahren war Ö1 noch jung.
In den 60er-Jahren war Ö1 noch jung.(c) Günter Rubitzsch / picturedesk.com
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50 Jahre alt ist Österreich 1 geworden, der Sender der Kulturnation mit einer international einzigartigen Reichweite für anspruchsvolle Programme, in dem sich Musik aller Stilrichtungen, Unterhaltung, Information und zeitgeistige Bestandsaufnahmen treffen.

In der Früh dreht man ganz sicher auf, schon um das Morgenjournal nicht zu verpassen. Man will ja wissen, was auf der Welt los ist – um danach ein bisschen schwungvolle Musik zu hören. Frühaufsteher zelebrieren das umgekehrt, sie lassen sich zunächst die Schlaftrunkenheit austreiben, um dann schon konzentriert den Nachrichten und Korrespondentenberichten lauschen zu können.

Die Melange stimmt jedenfalls. Sie ist seit einem halben Jahrhundert erfolgreich und wird alle paar Jahre von klugen Köpfen wieder neu erfunden.

Das Rezept für Ö1, den Kultursender der Nation, hat man freilich schon beim ersten Versuch gut durchzumischen verstanden. 1967 hatte Gerd Bacher, der Generalintendant des frisch gebackenen neuen ORF, dekretiert, das Land brauche statt Kraut und Rüben und parteigesteuerten Verlautbarungen klar definierte Radio-Kanäle, deren Flaggschiff sich der Pflege der musikalischen Klassik im besonderen, der österreichischen Kultur im Allgemeinen und vor allem unabhängigen Nachrichten widmen sollte.

An diesem Auftrag hat sich im Wesentlichen bis heute nichts geändert. Dass ein junges Team am Beginn des 21. Jahrhunderts die Umsetzung dieses Auftrags anders begreift als die Gründerväter, versteht sich von selbst. Was bei Reformen aller Arten ein Fortschritt heißen darf, was zurückrudert – und vor allem: wie man am lautesten auf der Stelle tritt, das diskutiert sich genüsslich im intellektuellen Kreis, über dessen Mitglieder man immer nur eines sicher sagen kann: Sie werden alle nie aufhören, Ö1 zu hören. Selbst die, denen die Musik-Leisten dieses Senders wenig zu bieten haben, schalten zumindest für manche Wort-Programme und bestimmt für die Nachrichtensendungen herüber.

Letztere waren schon laut Bacher-Doktrin das Rückgrat des Programms. Und weil das „Mittagsjournal“ sogleich Legendenstatus erhalten hatte, führte man angesichts der Krise des „Prager Frühlings“ anno 1968 gleich auch noch das „Morgenjournal“ ein.

Sympathisch an diesen Informations-Formaten war, dass sie von Anbeginn immer auch über Kultur informierten. Das stellt im weltweiten Vergleich einen ziemlichen Luxus dar. Ihn hat uns ein Mann beschert, den wir zum 50. Geburtstag des Senders nicht vergessen wollen: Volkmar Parschalk. Der langjährige Ö1-Kulturchef gehörte zu den Pionieren des österreichischen Rundfunks und hat eine tiefgehende Berichterstattung forciert, die den Ruf seines Senders gefestigt hat: Denken wir an die Beschäftigung mit Büchern – „Ex libris“ war Parschalks „Kind“; und ein Forum für exzellente Kulturjournalisten, die sich durch Verlesen oder Verlesenlassen ihrer Rezensionen einen Namen machen konnten.

Viele andere Sendungstitel waren und sind mit den Namen ihrer Moderatoren und Gestalter verbunden – auch wenn sie lang nicht mehr „auf Sendung“ sind. Axel Cortis „Schalldämpfer“ – samt der unvergesslich-frechen Signation von Bert Breit – genießt geradezu medienmythologischen Rang; es war der meistgenannte Titel bei unserer redaktionsinternen Umfrage, welche Ö1-Erinnerungen wir gern hüten und pflegen.

Dass manch Unbequemes unbedingt zu einem solchen Rundfunkkanal dazugehört, verseht sich von selbst – ebenso wie die Tatsache, dass es sich unter Umständen auch gegen interne Widerstände durchzusetzen hat.

Was das betrifft, dürfen Radiohörer auf ein Grundgesetz vertrauen: Qualität setzt sich durch. Proteste gab es in Fülle, als Alfred Treiber und Richard Goll 1972 ihr mittlerweile sagenumwobenes „Prater“-Feature unkommentiert in den Äther schickten. Doch etablierte sich bald darauf eine eigene Feature-Redaktion in der Argentinierstraße, deren Elaborate aus dem Programm nicht mehr wegzudenken sind.

Darüber haben selbst Konsumenten hinweggehört, die einen Kultursender vor allem als Vermittler von Eintrittskarten zu Staatsopern-Premieren oder Festspiel-Konzerten aus aller Herren Länder betrachten.

Selbige liefert Ö1 – nebst kabarettistischer Unterhaltung und (vom großen Bruder Ö3 importiertem Konsumentenschutz-Brimborium) – frei Haus; oder jedenfalls für einen Obolus, der nicht über die monatliche GIS-Gebühr hinausgeht. Auch daran hat man sich gewöhnt. Längst heben Übertragungen aus Salzburg nicht mehr mit minutenlangen viersprachigen Ansagen an. Zu einer austriakischen Selbstverständlichkeit geworden zu sein, adelt Ö1 und seine Produzenten.

Menschenbilder

von Anne-Catherine Simon

Ob Nobelpreisträger oder Knecht, Magd oder berühmte Schauspielerin – man hört zu, und ein Bild entsteht, ein ,Menschenbild‘“ – schreibt Ö1 über seine Sendung. Na ja, Knechte und Mägde hört man in den „Menschenbildern“ kaum, aber Menschen aller Art, die eines gemeinsam haben: etwas zu erzählen, aus einem langen Leben.

Hören ist ein Nacheinander, ein Bild hingegen steht einem als Ganzes vor Augen. In den „Menschenbildern“ sind diese im Reden entstehenden Bilder nicht streng durchgeplant. Hier- und dorthin wird man als Zuhörer gezogen, hört, wo der Gast anfängt mit dem Erzählen und wo er abschweift, vielleicht auch einmal nicht mehr weiterweiß, wo er betont und wo er zögert, zittert vielleicht . . . Am Ende hat man den Eindruck eines zum Teil zufällig entstandenen Mosaiks aus diesem und jenem – und dass gerade dieses teils Zufällige mehr über den betreffenden Menschen enthüllt hat als jedes strikt durchchoreografierte Interview. „Menschenbilder“ lässt dem dem Zufall Zeit. Wenn man schon genau zu wissen glaubt, was das Interessante am anderen ist, ihn als schnellen Informations- und Emotionslieferanten benutzt, verpasst man oft das Wichtigste. Deswegen sind die guten „Menschenbilder“-Moderatoren wohl gar nicht so sehr die raffinierten Frager; vielmehr jene, die dem Studiogast den Eindruck vermitteln, mit einem lebens- und damit auch hörenswerten Leben ins Studio zu kommen. Und deswegen transportiert Ö1 mit seinen „Menschenbildern“ auch ein Menschenbild im gängigen metaphorischen Sinn– ein für mich sehr schönes.

Vom Leben der Natur

von Wolfgang Freitag

Wie viel Natur hat Platz in fünf Radiominuten? Zugegeben, es sind immerhin fünfmal fünf Minuten, die hiesiger Wissenschaft Woche für Woche knapp vor neun Uhr vormittags zur Verfügung stehen. Doch auch wöchentlich 25 Minuten sind nicht gerade viel, will man „Vom Leben der Natur“ berichten. Und sei es an noch so mikroskopisch kleinen Einzelheiten entlang.

Denn ja, nicht die Natur en gros, die Natur en détail findet sich da in den Mittelpunkt gerückt. Kürzlich, nur so beispielsweise, die graziösen Libellen von Wien an sich – und wieso, jawohl, die Gemeine Becherjungfer für Minuten unter Wasser bleiben kann. Noch kürzlicher die Zwetschken und ihre umfängliche Verwandtschaft, vom Spänling bis zur Kirschpflaume. Oder, in der eben zu Ende gehenden Woche, die wilden Früchte des Herbstes, also Bucheckern, Hagebutten, Wacholderbeeren und Co. Woran sich unschwer erkennen lässt, dass regelmäßig nicht das auf dem Programm steht, was wir immer schon wissen wollten, vielmehr das, von dem wir bisher häufig nicht einmal wussten, dass wir danach hätten fragen können.

„Vom Leben der Natur“: eine radiofone Wundertüte, aus der wochentäglich fünf Minuten lang Gaben auf uns herniederpurzeln, die auf keinem Wunschzettel gestanden sind. Eine Wissenschaftsbescherung rund ums Jahr voller Überraschungen. Nicht zuletzt jener, wie mitreißend Menschen über ihr Metier berichten können, wenn man sie nur genau genug berichten lässt. Und sei es auch nur fünf Minuten lang.

Das Hörspiel

von Norbert Mayer

Es gehört zu den kleineren dramatischen Formen und ist doch eine der anspruchsvollsten. Das Hörspiel erfordert Konzentration. Für eine Stunde zumeist fokussiert es auf einen einzigen Sinn und regt dadurch die Fantasie ungeheuer an. Diese Kunstform ist sowohl virtuelle Probebühne angehender Dramatiker als auch ein Heimspiel für Meister der Radiokunst. Für den Kultursender Ö1 bleibt sie unverzichtbar.

Kleingeister, die auf Quoten schielen, mögen glauben, dass rund 100.000 Menschen, die durchschnittlich am Samstag um 14 Uhr die Hörspiel-Galerie einschalten, recht wenig Publikum sind. Aber im Vergleich zum Theater beeindrucken diese Zahlen. Zum Beispiel brauchen die Vereinigten Bühnen Wien (Musical, Operette und Oper) ein ganzes Jahr, um so viele zu erreichen wie Ö1 mit den Hörspielen in nur sechs Wochen. Diese Kleinkunst kostet zudem nur einen Bruchteil kultureller Paradedisziplinen. Der künstlerische Output im Radio kann sich trotzdem sehen – pardon hören – lassen: Er bietet Literaturpflege und eine Chance für die Avantgarde, im fließenden Übergang zu Features und Reportagen.

Einmal im Jahr feiert sich die Branche bei der Ö1-Hörspiel-Gala. Da kann man Kammerschauspieler und Filmstars sehen, die sich unter aufstrebende junge Dichter, nobelpreiswürdige Poetinnen, berühmte Regisseure und langjährige Fans mischen. Es ist, aus persönlicher Beobachtung, ein höchst gebildetes, aufgeschlossenes, freundliches Milieu. Diese Leute sind es gewöhnt, geduldig zu lauschen, wenn möglich genießen sie wochenlang Hörspiel-Serien zu dicken Romanen wie „Die Blendung“, „Die Strudlhofstiege“. Oder einen aberwitzigen Track von wenigen Minuten. Alles ist möglich.

Pasticcio

von Wilhelm Sinkovicz

Die Überschrift wäre eine Zeit lang zweideutig gewesen. „Pasticcio von Wilhelm Sinkovicz“ gab's ja auch akustisch für einige Zeit. Und der werte Leser, die geschätzte Hörerin dürfen sicher sein, es ist ein gewaltiger Unterschied, so früh am Morgen Radio zu hören oder so früh am Morgen Radio zu machen. Um viertel neun Platten aufzulegen ist gar nicht vergnüglich.

Doch selbst beim Hören scheiden sich die Geister. „Pasticcio“ war zu Beginn der Achtzigerjahre revolutionär. Der wunderbare Maximilian Blumencron, der die Sendung miterfunden hat, erzählte, als er den „Pasticcio“-Lehrling einwies, manche Anekdote aus der Zeit des „Pasticcio“-Starts.

Vor allem die: Generalintendant Gerd Bacher, an Entwicklungen im Kulturbereich höchst interessiert, wehrte sich dagegen, in der Morgensendung „seines“ Senders anderes zu hören als die seit Generationen übliche, nur durch die Info-Strecken unterbrochene Melange aus Barock und Vorklassik, in die ein paar Brocken aus leichter verdaulichen Stücken Haydns, Mozarts, Beethovens, bestenfalls Schuberts getunkt werden durften.

„Ich will in der Früh die ,Kleine Nachtmusik‘ hören“, tönte Bacher, und wusste Rat, als Blumencron entgegnete: „Die ist doch viel zu kurz.“ „Na, dann spielen Sie's halt noch einmal.“ Ihm zum Geburtstag hätte ich das gern einmal realisiert – doch da war die Ö1-Redaktion (es war nach Blumencrons Abgang!) dagegen.

Wie auch immer: Dass Zeitgenossen wissen, wie viel herrliche, im tiefsten Sinne unterhaltende Musik nach Schubert komponiert wurde, verdankt sie dem „Pasticcio“. Im schlaftrunkenen Zustand ist man ja, die Psychologie weiß es, besonders empfänglich . . .

Morgenjournal

von Florian Asamer

Die wichtigste Mahlzeit des Tages? Also: Reichhaltig ist sie, aber nicht zu schwer, abwechslungsreich, doch keine Spur aufreibend, manchmal „Psst, ich muss da zuhören“-spannend, oft auch „Gut zu wissen, ich versäume ohnehin nichts“-Hintergrundrauschen, sie enthält alles Wichtige für den Tag (ja, auch ob's regnen wird) und trotzdem auch genug Überraschendes, um weit weg von einem lästigen Pflichtprogramm zu sein.

Das „Morgenjournal“ sticht unter der so wohl geratenen Journalfamilie auf Ö1 noch einmal heraus. Das mag mit der Tageszeit zusammenhängen, alles ist erst im Werden, das Zusammentreffen zwanglos (zum Glück müssen die Radiomacher ihre bettwarmen Zuhörer weder sehen noch riechen), gleichzeitig ist man noch hungrig nach Neuem, nicht wie abends übersättigt vom Informationseintopf des Tages.

Die Moderatoren und Redakteure gehören längst zur Familie, mehr als sie wahrscheinlich ahnen (wollen). Und um die Sache einmal umzudrehen: Sie bekommen täglich Zutritt zum Allerprivatesten, zu den kostbarsten Stunden des Tages und – das ist die wahre Kunst – gehen verantwortungsvoll-sensibel um mit diesem Privileg.

Es ist übrigens nicht nur das Journal selbst, das fest zum Tagesbeginn gehört. Häufig kommt ein Stück „Gedanken zum Tag“ dazu (die müssten oft nicht ganz so betulich sein), „Guten Morgen, Österreich“ bis zum zweiten Journal-Teil um 8 Uhr, manchmal auch noch „Vom Leben der Natur“ (ein Radio-Juwel), dann heißt es endgültig aufbrechen.

Und weil ja sonst am Morgen alles bleiben soll, wie es ist: Vielen Dank für die neue Ö1-App, der gestreamte Strom riss zuletzt gar oft ab.

Der Schalldämpfer

von Barbara Petsch

Ob sich eine losgerissene Plastikplane in einen Drachen verwandelte oder ein Kind fasziniert die schönen Geschichten der damals noch jungen Fernsehwerbung verfolgte, Axel Corti konnte aus dem Alltag die wunderbarsten und wunderlichsten Geschichten destillieren. Corti wurde 1933 als Sohn eines Geschäftsmanns, der in der Résistance kämpfte, in Paris geboren. Er war eine Institution, nicht nur wegen seiner Radioglosse „Der Schalldämpfer“, die von 1969 bis 1993 lief (erst auf Ö3, dann auf Ö1). Corti spielte, moderierte, etwa den „Club 2“, er drehte großartige Filme („Der Fall Jägerstätter“, „Radetzkymarsch“) und war ein strenger Moralist, was man seinen assoziativen Glossen nicht immer anmerkte.

Dieser Künstler-Journalist, eine frühe Ich-AG, mehr eigentlich ein kleiner Ich-Konzern, erzählte Alltagsgeschichten, ein Begriff, der damals noch nicht von Elizabeth T. Spira besetzt war. Mit seiner Stimme hätte Corti aus dem Telefonbuch vorlesen können, man hätte gebannt gelauscht. Er war der geborene Märchenerzähler. Und der „Schalldämpfer“, den eine seinerzeit sehr modern klingende Signation (Synthesizer, Schlagzeug) – komponiert von Bert Breit – begleitete, hatte oft auch etwas Skurriles oder Unheimliches: wenn etwa Teppiche über den Sommer in die Reinigung kamen, aber nicht mehr retour; oder auf ein Wiener Auto in München „Ausländer raus“ geschmiert wurde. Gern geißelte Corti Politiker, „den Übermut der Ämter“ wie Hamlet sagt. In einem Sketch, der auf YouTube zu sehen ist, irrt er in einem Ministerium herum, wo überall Verbotsschilder hängen und nicht einmal die Beschäftigten wissen, wer wo zu finden ist. Corti, das Kriegskind, sah überall das Kafkaeske.

Diagonal

von Anna-Maria Wallner

Eigentlich ist der späte Samstagnachmittag die perfekte Hörzeit. Der Wochenendeinkauf und der Wohnungsputz sind da schon erledigt, das Abendprogramm hat noch nicht begonnen. Aber „Diagonal“ beginnt, das Radiofeuilleton. Neben den Journalen, dem „Radiokolleg“ und den Büchersendungen ist es die wichtigste Ö1-Sendung für mich. Solange mich das Thema interessiert, und das tut es bei zwei von drei Sendungen. Egal, ob es die Reportage einer Stadt ist, die ich schon besucht habe oder unbedingt bald sehen will, das Porträt eines mehr oder weniger bekannten Zeitgenossen oder die Auseinandersetzung mit einem zu selten behandelten Thema. Die Sendung über „Geschwister“ zum Beispiel, werde ich lang in Erinnerung behalten, oder jene über „die Kritik“, zugegeben ein Thema, das vielleicht nur für Kritiker wirklich spannend ist.

„Diagonal“ ist für mich, die häufig am Samstag arbeitet, der Einstieg in das richtige Wochenende. Jetzt geht es wirklich los. Das Stimmenduett am Sendungsanfang erinnert mich daran, wenn zwei Moderatoren abwechselnd die Inhaltsangabe der Sendung vortragen; es geht weiter mit den vertrauten Stimmen der einzelnen Beiträge. Manchmal schweife ich zwischendurch gedanklich ab, beim Kochen, oder weil die Großmutter anruft oder weil man mitten in den Vorbereitungen für das Geburtstagsessen, die Einweihungsparty steckt, zu der man heute noch geladen ist. Beim „feinen Musiksalon“ kurz vor 19 Uhr ist es mit der Hörruhe so gut wie immer schon vorbei. Aber oft kehre ich montags auf dem Weg in die Arbeit noch einmal zurück und höre mir den ein oder anderen Beitrag an, den ich am Samstag verpasst habe.

Österreich 1, Stolz und Stiefkind des ORF

Seit dem Sendetag eins am 1. 10. 1967 war Ö1 oft ganzer Stolz des jeweiligen ORF-Chefs. Zuletzt mit einer Tagesreichweite von 8,1 Prozent. Zum Vergleich: Ö3 hat 33,9 Prozent, alle ORF-Radios zusammen 61,6 (Zahlen von Juli 2016 bis Juni 2017).

Argentinierstraße. Doch weil Ö1 von Anfang an weit weg vom ORF-Zentrum auf dem Küniglberg in Hietzing residierte, in der Argentinierstraße nahe dem Karlsplatz, kam es zu einer gewissen Entfremdung zwischen den Fernseh- und den Radioleuten.

Neuer Kollektivvertrag. Die Stärke des Fernsehens und der Fokus auf den jüngsten, Ende der 1990er-Jahre entstandenen, neuen Kanal Online haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten dazu beigetragen, dass sich die Ö1-Belegschaft oft wie das Stiefkind in der ORF-Senderfamilie fühlte. Tatsächlich war lange Zeit ein Großteil der festen Ö1-Mitarbeiter nicht angestellt, erst im Juni 2015 wurde das mit einem neuen Kollektivvertrag geändert. Zuletzt hatte der Sender dreieinhalb Jahre nur einen interimistischen Senderchef. Peter Klein wurde erst am Freitag offiziell zum neuen Ö1-Chef ernannt – oder zum „Channelmanager“, wie das heute heißt.

Funkhaus. Groß war 2016 unter Künstlern und Ö1-Freunden die Sorge um das Funkhaus in der Argentinierstraße, die Bleibe von Ö1, FM4 und dem Wiener Landesstudio. Denn der ORF wollte es verkaufen, nur das angrenzende Radiokulturhaus mit den beiden Konzertsälen behalten (das im Oktober 1997 eröffnet wurde). Längst hat sich die Aufregung beruhigt, heute sieht es so aus, dass der ORF das Funkhaus nur teilweise verkaufen wird. Angeblich geht es mittlerweile nur noch um den Verkauf des Parkplatzes.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2017)

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