TV-Notiz

"Amen, Alter!": RTL steckt einen Trickbetrüger in die Soutane

MG RTL D
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In der neuen Serie "Sankt Maik" gibt sich ein Ganove als Pfarrer aus - und mischt eine kleine Landgemeinde auf. Eh ganz nett.

Ein junger Mann zieht sich am Zugklo eine Schaffner-Uniform an, zwinkert verschmitzt in den Spiegel – und macht sich auf zur Fahrkartenkontrolle. Während er Ausweise kontrolliert, zieht er den Fahrgästen geschickt die Wertsachen aus den Taschen. Ein Profi: Freundlich, fachmännisch, schnell – und so weit funktioniert auch alles nach Plan. Aber dann zieht er sich zur Kontrolle der Beute in ein Abteil zurück, in dem ein mitreisender Pfarrer gerade seinen letzten Atemzug genommen hat – und ausgerechnet da fällt den Leuten draußen der Diebstahl auf. Drinnen ein Toter, draußen Massenpanik. Keine ideale Situation für einen leisen Abgang. Dem Taschendieb gelingt es trotzdem: Kurzerhand wechselt er die Schaffner-Verkleidung gegen die Soutane des Geistlichen, verlässt unauffällig den Zug – und improvisiert sich durch die nächsten Situationen, die die neue Serie „Sankt Maik“ für ihn bereit hält.

Während der Streamingdienst Netflix, der dank seiner erfolgreichen Eigenproduktionen nicht zu Unrecht als Erneuerer des Serienfachs gilt, zunehmend Filme von Leinwandformat produziert, mühen sich Fernsehsender noch ab, das zu schaffen, was Netflix und Co. so groß gemacht hat: Packende, visuell herausragende, narrativ komplexe Serien, die eine zerstreute Zuschauergeneration auf den Sofas und vor den Bildschirmen hält. Der aktuelle Versuch von RTL, wo derzeit einige eigenproduzierte Serien starten, mutet im Vergleich zu den Kapazundern der Streamingplattformen allerdings ziemlich kleinformatig an.

Messwein für ein bisschen Mut

Dafür gibt es gleich ein ganzes Paket: RTL präsentiert nächste Woche die Anwaltserie „Beck is back“, eine weitere Anwalts- („Jenny – echt gerecht“) und Arztserie („Lifelines“) sollen bald folgen. Gestern startete nun „Sankt Maik“ mit einem sehr sympathischen Daniel Donskoy als Trickbetrüger Maik, der sich – ungetauft und in der Einhaltung der zehn Gebote nicht gerade vorbildlich – als Pfarrer in kleines katholisches Dorf einschleust. Das kommt ihm ganz gelegen, steht er zuhause doch ohnehin bei einem Gangsterboss in der Schuld. So lugt er also vor allem auf die Goldringe der Chordamen und sucht die Kircheneinrichtung nach verwertbarer Schwarzmarktware ab, während er sich nebenbei durch allerlei Situationen schummelt – von der Ölung einer lateinliebenden Witwe bis zur Predigt, für die er sich vor versammelter Gemeinde mit dem Messwein noch schnell ein bisschen Mut antrinkt.

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Klingt klischeebeladen? Ist es auch. Da gibt es den brutalen Barbesitzer, den lästigen Rotzbub, die resolute Pfarrersköchin, die schöne Polizistin und ihre Freundin, die sich vor allem für das knackige Gesäß des Neulings interessiert. Ein versteiftes Kaff wie aus dem Bilderbuch, in das der kriminell gewiefte Maik Street Credibility bringt („Amen, Alter!“), aber auch einen neuen Stil der geistigen Führung: Sozialen Missständen begegnet er mit Tricks und sanfter Erpressung, zur Eherettung unterweist er einen Schützling in der Kunst des beschwipsten Flirtens. Man ahnt: Dieser Ganove wird das Dorf letztlich mehr bereichern als beklauen . . .

Zwischendurch ist das eh auch ganz unterhaltsam, mitunter sogar ein bisschen berührend. Die Figuren könnten einem durchaus ans Herz wachsen, die Grundidee hält ein paar spannende Möglichkeiten bereit. Vom cinematographischen Anspruch der Konkurrenz ist "Sankt Maik" freilich weit entfernt, aber: Die Serie ist nett. Früher hätte das wohl auch gereicht.

"Sankt Maik", zehnteilige "Dramedy", jeden Dienstag, 20.15 Uhr, auf RTL.

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