Kurz sieht Social Media-Richtlinie für ORF-Journalisten "sehr skeptisch"

Sogar Bundeskanzler Sebastian Kurz nahm Stellung und düpierte den ORF-Chef sowie die Stiftungsräte, die diese strengeren Regeln so lange forderten.
Sogar Bundeskanzler Sebastian Kurz nahm Stellung und düpierte den ORF-Chef sowie die Stiftungsräte, die diese strengeren Regeln so lange forderten. APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ
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Irgendetwas scheint bei der Umsetzung der neuen Richtlinien schief gelaufen zu sein. Sogar Kanzler Kurz verweist auf die Meinungsfreiheit als hohes Gut.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Mittwoch vom durchsickerten Entwurf einer neuen Social Media-Richtlinie für den ORF "mehr als nur überrascht" gezeigt. Es handle sich zwar um eine "Angelegenheit des ORF", aber den "Erlass" sehe er "sehr skeptisch", betonte Kurz im Pressefoyer nach dem Ministerrat.

Die neue Regelung sieht vor, „dass Redakteure und programmgestaltende Mitarbeiter des ORF „auch im privaten Umfeld“ auf jegliche öffentliche Kommentare in sozialen Medien verzichten sollen, die als Zustimmung, Ablehnung oder Wertung von Äußerungen, Sympathie, Kritik und „Polemik“ gegenüber politischen Institutionen, deren Vertreter/innen oder Mitgliedern zu interpretieren sind.“ Das bezeiht sich auch auf indirekte Reaktionen wie etwa Likes.

Aus dem Redakteurskreis kam umgehend Kritik an den geplanten Vorgaben. Der Wunsch nach möglichst strengen Richtlinien für das Social Media-Verhalten von ORF-Mitarbeitern wurde zuletzt im Stiftungsrat des ORF wieder vehement geäußert - allen voran vom Freiheitlichen Vorsitzenden des Gremiums Norbert Steger und vom ÖVP-Freundeskreisleiter Thomas Zach. Steger hatte wiederholt auch die Notwendigkeit von Sanktionen betont.

"Ich halte die Meinungsfreiheit für ein hohes Gut"

Gefragt, ob die neue Richtlinie also ein Maulkorb der Regierungsparteien bzw. der erste Schritt Richtung "Neutralisierung" des ORF sei, wie sie der oberösterreichische FPÖ-Landesrat Elmar Podgorschek gefordert hatte, machte Kurz deutlich, dass er mit den Vorgaben wenig anfangen kann: "Ich halte die Meinungsfreiheit für ein hohes Gut." Er habe von der Richtlinie in der Zeitung gelesen und sehe sie "sehr skeptisch".

Weniger kritisch äußerte sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ): Es handle sich um eine "interne Angelegenheit" des ORF, dort sei die Fragestellung gut aufgehoben. In Sachen Meinungsfreiheit sei er mit dem Kanzler einer Meinung. Es gebe bei einem öffentlich-rechtlichen Sender aber schon die "Erwartungshaltung", dass dem öffentlich-rechtlichen Auftrag im Sinne von "neutraler" und "unabhängiger" und nicht "parteipolitischer" Berichterstattung nachgekommen werde, fügte der Vizekanzler hinzu.

Scharfe Worte kamen am Mittwoch von Reporter ohne Grenzen Österreich. Präsidentin Rubina Möhring sprach von einem "inakzeptablen Anschlag auf die Meinungs- und Pressefreiheit": "Grundrechte wie freie Meinungsäußerung müssen gerade auch für kritische Stimmen gelten." Möhring warnte vor einem "gefährlichen Schritt hin zu Vorschriften innerhalb eines autoritären Regimes".

(APA)

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