„Tatort“ Hamburg und Umgebung: Bürgerwache vs. Polizei

Tatort: Treibjagd
Tatort: Treibjagd(c) NDR/Christine Schroeder
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Was passiert, wenn Wut aus dem Internetforum in die Realität hinüberschwappt? Falke und Grosz erleben das im sehenswerten "Tatort"-Fall "Treibjagd".

Unsere Wertung für diesen "Tatort":

9 von 10 Punkten

Worum geht's in "Treibjagd"?

Ein Vorortstadtteil Hamburgs wird von einer Einbruchserie geplagt, gegen die die Polizei kaum ankommt. Die Bundespolizisten Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) werden in der deswegen eingesetzten "Super-Soko" zum Dienst eingeteilt. Die neue Soko wird von der Nachbarschaft allerdings als PR-Maßnahme verstanden - so wie überhaupt der Unmut über die Polizeiarbeit im Onlineforum der "Nachbarschaftswache" rege von den Nachbarn kundgetan wird. Als einer Siedlungsbewohner (Jörg Pose) einen jungen Einbrecher (Tilman Pörzgen) erschießt, sieht alles nach Notwehr aus. Die Ermittler vermuten aber, dass er vorsätzlich handelte - und dass er auch auf die Komplizin (Michelle Barthel) des Einbrechers schoss, die es aber offenbar vom Tatort schaffte. Die Suche nach ihr wird zum Wettrennen zwischen den Polizisten, die sie als Zeugin brauchen, und den Siedlungsbewohnern, die die Unschuld ihres Nachbarn beweisen wollen.

Worum geht's noch?

Dass die Wut aus dem Internet schneller im echten Leben sein kann, als einem lieb ist - die Nachbarn sind insgeheim von der sich immer schneller drehenden Spirale der Empörung über die Polizeiarbeit überrascht, auch wenn sie selbst ins Forum der "Nachbarschaftswache" posten. Als der Mann, der den Einbrecher erschossen hat, seinem Bruder (Andreas Lust) gesteht, geschossen zu haben, um endlich einmal "etwas zu tun", sieht man dem Bruder den Schock an. Er nutzt das Forum dennoch weiterhin, um sich moralische Unterstützung für seine Mission zu holen, die Weste seines Bruders weiß zu halten - der im Forum wegen seiner Tat als Held gefeiert wird. So geraten schlussendlich auch die Ermittler unter die Räder des Zorns aus dem Internet, Falkes Sohn Torben (Levin Liam) fällt ihm ebenfalls zum Opfer.

Tatort: Treibjagd
Tatort: Treibjagd(c) NDR/Christine Schroeder

Wer ermittelt in Hamburg und Umgebung?

Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) zeigen nach fast zwei Jahren als Ermittlerduo aus Hamburg "und Umgebung", wie es offiziell heißt, dass die kühle Distanz zwischen ihnen mittlerweile überwunden ist. Ein Gewinn für die Zuseher. Die Figur Grosz gewinnt in "Treibjagd" erneut an Dimension, während Falke diesmal noch eine Spur schalkhafter - und nahbarer - wirkt. Ein sympathisches, unaufgeregtes Duo, ganz ohne die sich leider beim "Tatort" eingeschlichen habende Unart, das Persönliche vor den Ermittlungfall zu stellen. Schauspielerisch sind Möhring und Weisz ohnehin zwei der besten beim "Tatort".

Was gefällt?

"Tatorte" neigen dazu, oberlehrerhaft mit dem öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag daherzukommen. Die Geschichte über das Phänomen Hass im Netz hätte leicht mit dem erhobenen Zeigefinger erzählt werden können - überraschendweise kommt "Treibjagd" ganz ohne ihne aus. Sondern ist schlicht eine der spannendsten, facettenreichsten "Tatort"-Folgen der jüngeren Geschichte.

Was gefällt noch?

Auch dieser "Tatort" aus Hamburg und Umgebung glänzt mit seiner außergewöhnlichen Musikauswahl (Dürbeck & Dohmen) - die Kirsche obendrauf bei den ohnehin stets gut erzählten, gut gespielten, filmisch schönen Folgen mit Falke und Grosz.

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