Medien: Boulevardblatt als Kunstobjekt

Geplante „Schocktherapie“ für Kleinformatleser. Auftraggeber und Verleger ist der Verein Soho in Ottakring.

Etwas erstaunt seien die Leute schon gewesen, als er ihnen seine Zeitung in der U-Bahn in die Hand drückte, erzählt Hansel Sato, Immigrant und Künstler, der erst- und einmalig die „Österreichischen Nachrichten“ kreiert hat. Klein ist das Format, groß der Anspruch. „Ich wollte die Menschen zum Denken bringen.“

Optisch an der „Krone“ und der Pendlerzeitung „Heute“ orientiert, enthält sein Blatt teils schrill bebilderte Artikel – echte, über an Magersucht gestorbene Models oder den Ursprung der Menschheit in Afrika, aber vor allem Erfundenes, um die Leser für die Problemzonen ihrer täglichen Lektüre zu sensibilisieren: Auf dem Titelbild türmt sich Müll vor dem Belvedere, weil die Müllmänner mit Migrationshintergrund gegen die Kriminalisierung von Ausländern protestieren. Auf den Seiten sechs bis neun lässt Sato Österreich aus der EU austreten. Davor wirft sich Pirat Jack Sparrow in die Schlacht vor der Küste Somalias – um das intensive Befischen somalischer Gewässer zu bekämpfen. „Die Boulevardblätter reproduzieren Klischees in Bezug auf Rassismus und Diskriminierung“, kritisiert Sato. Seine Zeitung sei daher „eine Art Schocktherapie“, um die „Opfer des täglichen Angriffs des Boulevards“ wachzurütteln.

Auftraggeber und Verleger ist der Verein Soho in Ottakring. Er organisiert mit Unterstützung der Stadt Wien heuer zum 12.Mal das Kunstprojekt Soho in Ottakring. Heuer unter dem Motto „Kick the Habit/Pfeif drauf! Ventil Rassismus“ (8. bis 22.Mai; www.sohoinottakring.at). i.w.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2010)

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