Amon: "Wrabetz ist der beste Kopf für den ORF"

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ORF-Radiodirektor Karl Amon hält Interventionsversuche für legitim: "Man kann ja auch Nein sagen". Er wünscht sich ein Kinderradio, hielte einen trimedialen Newsroom für sinnvoll und will das RSO erhalten.

Die Presse: Sie sagen, die Position des Radiodirektors sei Ihr Traumjob. Warum?

Karl Amon: Weil die Radiodirektion die Zuständigkeit für 500 Kollegen bedeutet und die Möglichkeit, die Kreativität dieses Teams zu nutzen. Das Klavier, das man in dieser Funktion bespielen kann, ist größer – ich liebe große, vielfältige Tastaturen. Zweiter Vorteil: Das Radio ist ein intelligentes Medium. Es erzeugt Bilder im Kopf.

Caritas-Präsident und Stiftungsrat Franz Küberl hat gemeint, der Posten des TV-Chefredakteurs sei „mindestens so wichtig wie ein Direktorenposten“. Wie sehen Sie das?

Amon: Was die Wichtigkeit betrifft: ja. Was die Vielfalt der Möglichkeiten betrifft: nein. Natürlich ist Radiodirektor in der Summe der Verantwortung der wichtigere Job.

ORF-General Alexander Wrabetz will „ohne externe Einflüsse“ nachbesetzen. Geht das?

Amon: Ja. Ich verstehe es so: Natürlich gibt es externe Wünsche. Es wäre abnormal, wenn ein Eigentümer keine Interessen hätte. Im ORF sind das die Österreicher, die unser Publikum, gleichzeitig die Eigentümer sind, und die werden von politischen Parteien vertreten. Unsere Aufgabe ist es, eigenständig zu entscheiden und Ideen, die dem Unternehmen schaden würden, nicht zuzulassen.

Was sagen Sie zum Vorwurf der Intervention?

Amon: Ich habe überhaupt kein Verständnis für die Jammerei. Wer hindert einen daran, einfach Nein zu sagen? Darum bin ich Journalist geworden: dass ich dafür kämpfe, dass der Zustand möglich ist, dass der andere seine Meinung sagen kann, auch wenn mir die nicht passt. Das freie Wort in einer freien Gesellschaft ist mir ein Anliegen.

Wie oft wurden Sie als Chefredakteur angerufen, weil eine Partei intervenieren wollte?

Amon: Gott sei Dank gibt es Interessen, Telefonate, Beschwerden – das ist ein Zeichen, dass der ORF noch wichtig ist. Es melden sich beinahe alle Lobbys – Architekten, Ärztevertreter genauso wie Politiker. Es ist unsere Aufgabe, ungerechtfertigte Interessen nicht zuzulassen.

Sie sind für die Trimedialität. Werden die ORF-Medien zusammenwachsen?

Amon: In Anlehnung an internationale Beispiele heißt auch das Ziel des ORF Trimedialität. Die Contentlieferanten für die einzelnen ORF-Programme werden zusammenwachsen – ob auch örtlich oder nur kommunikativ, ist eine andere Sache. Eine Übersiedlung würde die Sache vereinfachen, aber auch eine Standleitung mit permanenter Videokonferenz kann etwas bewirken. Ich habe schon vor 15 Jahren im Radio eine Standleitung für Videokonferenzen eingeführt – im News-Center steht ein großer Bildschirm, und Ö3, das in Heiligenstadt logiert, ist immer mit dabei.

Ein gemeinsamer Newsroom für alle?

Amon: Für die nächsten fünf bis zehn Jahre ist das eine anzustrebende Überlegung.

Sie sind Fan des Rundfunksymphonieorchesters.

Amon: Das RSO ist ein Prunkstück des ORF.

Auch nach Ende der Gebührenrefundierung?

Amon: Die Finanzierung habe ich mir noch nicht im Detail angeschaut. Aber glauben Sie mir: Ich bin kreativ genug, dass ich für die Zeit nach der Gebührenrefundierung eine Lösung finde.

Für das RSO in seiner jetzigen, vollen Größe?

Amon: Ohne „Wenn und Aber“ ist mein Ziel.

Die ORF-Radios haben noch immer 76 Prozent Reichweite. Aber sie bröckelt. Was tun?

Amon: Das ist kein ORF-spezifisches Problem. Weltweit zeigt sich, dass Jugendliche auch von den Radios ins Internet abwandern. Ich würde gerne über ein Kinderradio nachdenken. Es muss nicht zwingend ein Radiovollprogramm werden, sondern könnte auch im Internet stattfinden. Ich möchte die Jugend zurück zum ORF holen.

Sie werden als nächster ORF-Generaldirektor gehandelt. Wollen Sie sich das antun?

Amon: Ich bleibe dabei: Ich wollte Radiodirektor werden. Ich werde alles tun, um Alexander Wrabetz zu unterstützen. Ich kenne ihn und seine Qualitäten gut und bin überzeugt, dass er für das Unternehmen der beste Kopf ist.

Sie gelten als Personalwunsch der SPÖ. Was erwartet sich die Kanzlerpartei von Ihnen?

Amon: Das weiß ich nicht. Was erwarten eigentlich die zwei Stiftungsräte der ÖVP, die mich gewählt haben? Was erwarten die Grünen, die Orangen und die Unabhängigen? Und was die Betriebsräte? Ich weiß es nicht, und ich fühle keine Verpflichtung!

Treffen Sie regelmäßig Vertreter der Politik?

Amon: Wozu? Die rufen sowieso an, wenn sie glauben, dass sie ein Problem haben.

Stören Sie die politischen Punzierungen bei ORF-Personaldiskussionen?

Amon: Es gibt keinen ernst zu nehmenden Menschen, der nicht hundertprozentig für entwickelte Demokratien ist. Und hochklassig entwickelte Demokratien brauchen politische Parteien. Warum sind wir für Demokratien, aber bei Parteien haben wir Schwierigkeiten? Ich komme aus einer sozialdemokratischen Familie und ich bin stolz darauf. Meinung Seite 35

WER FOLGT WRABETZ?

Radiodirektor Karl Amon könnte 2011 auf SP-Wunsch als ORF-Generaldirektor kandidieren. Als bürgerlicher Gegenkandidat könnte Info-Direktor Elmar Oberhauser in den Ring steigen. Er könnte nach der Nationalratswahl 2013 altersbedingt an Finanzdirektor Richard Grasl übergeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2010)

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