Die "Bild" wollte für eine Kampagne eine Meinung von Judith Holofernes, der Frontfrau der Band, haben. Diese antwortete mit einem erbosten Brief, den die Zeitung erst recht in eine Anzeige verwandelte.
Die deutsche "Bild"-Zeitung wollte Judith Holofernes, die Frontfrau der Popband "Wir sind Helden", für ein Statement für ihre Kampagne gewinnen. Neben anderen Prominenten wie Veronica Ferres, Thomas Gottschalk und Philipp Lahm sollte sie "ihre offene, ehrliche und ungeschönte Meinung zur 'Bild'" mitteilen, hieß es in der schriftlichen Anfrage der mit der Werbekampagne beauftragten Agentur Jung von Matt. Durch einen Antwortbrief, der wie ein emotionaler Schnellschuss wirkt, hat Holofernes aber genau das Gegenteil ihrer (angeblichen) Intention bewirkt: Jetzt wird sie erst recht als Werbevehikel missbraucht.
Der Reihe nach: Das Angebot der Zeitung traf kein bisschen den Geschmack der 34-Jährigen. Sie antwortete mit einem erbosten, aber wortreichen Brief, den sie auch auf der Homepage ihrer Band veröffentlichte. Darin erklärt die Musikerin in vielen Absätzen, warum sie sich nicht an der Kampagne für das Boulevard-Blatt beteiligen will. "Liebe Werbeagentur Jung von Matt, bzgl. Eurer Anfrage, ob wir bei der aktuellen Bild-Kampagne mitmachen wollen: Ich glaub, es hackt" duzt Holofernes die Werbemacher. Die unter dem Slogan "Bild dir deine Meinung" laufende Kampagne sei "das Perfideste, was mir seit langer Zeit untergekommen ist. Will heißen: nach Euren Maßstäben sicher eine gelungene Aktion." Selten habe eine Kampagne "so geschickt mit der Dummheit auf allen Seiten gespielt, schreibt sie.
In der Folge haut Holofernes abwechselnd auf das Blatt und die Werbeagentur hin. Sie durchschaue das Ziel der Kampagne genau, "ich weiß, dass ihr im ersten Semester lernt, dass das Medium die Botschaft ist. Oder, noch mal anders gesagt, dass es kein 'Gutes im Schlechten' gibt. Das heißt: ich weiß, dass ihr wisst, und ich weiß, dass ihr drauf scheißt". Es sei also egal, ob die Testimonials eine positive oder negative Meinung vertreten, am Schluss profitiere allein die "Bild"-Zeitung davon - "ein gefährliches politisches Instrument", meint Holofernes.
"Bild bedankt sich bei Judith Holofernes"
Dass Holofernes mit ihren Ausführungen Recht hat, steht außer Frage. Dennoch ist ihre Antwort ein gefundenes Fressen für das "bösartige Wesen", wie sie das Blatt selbst bezeichnet. Und wenn man so bissig antwortet, darf man sich auch über einen ebensolchen Rückschlag nicht wundern - zumal man es mit einer Werbeagentur zu tun hat. Jung von Matt hat den Brief der "Heldin" einfach in eine Anzeige verwandelt, und ist so doch noch zum gewünschten Ziel gekommen: Mit der Titel-Frage "Ihre Meinung zu Bild, Judith Holofernes?" und dem nicht wenig zynischen Satz "Bild bedankt sich bei Judith Holofernes für ihre ehrliche und unentgeltliche Meinung" unter dem Slogan.
Hat sich die Musikerin nicht schon vorher denken können, dass der auf ihrer Homepage veröffentlichte Brief ein großes Echo nachziehen wird? Oder war das gar beabsichtigt? In unzähligen Meldungen und Blogs wurde darüber berichtet und mindestens genauso oft verlinkt. Der Server der "Wir sind Helden"-Seite ist unter der Datenlast kurzfristig zusammengebrochen und die seit zwei Jahren laufende "Bild dir deine Meinung"-Kampagne war wohl noch nie derart in aller Munde - der Name der vermeintlich subversiven und kritischen deutschen Popband aber auch nicht. Die hat Ende Jänner übrigens das "Best Of"-Album "Tausend wirre Worte - Lieblingslieder 2002-2010" veröffentlicht.
>> Die Anzeige finden Siehier.
(hai)