Murdoch auch in seiner Heimat Australien in Bedrängnis

(c) AP (MARK LENNIHAN)
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Australiens Premier Gillard will Verhältnisse auf Zeitungsmarkt prüfen. Murdoch ignoriert britisches Parlament. Scotland Yard nahm indes einen weiteren Ex-Chefredakteur von „News of the World“ fest.

Canberra/London/Ag. In der Affäre um illegale Abhörmethoden von Journalisten des mittlerweile zugesperrten britischen Boulevardblattes „News of the World“ nimmt der Druck auf dessen Boss Rupert Murdoch (80) auch außerhalb Großbritanniens zu: In Australien, seiner alten Heimat, sprach sich Premierministerin Julia Gillard am Donnerstag für eine Prüfung der Mediengesetze und Besitzverhältnisse auf dem Zeitungsmarkt aus. Sie sei „geschockt und angewidert“ von den in Murdochs Medienreich zumindest in Großbritannien offenkundigen Praktiken, etwa dem Eingriff in die Privatsphäre trauernder Familien durch Abhören von Handys.

Die Grünen hatten zuvor eine parlamentarische Untersuchung der australischen Medienlandschaft gefordert, wo der Murdoch-Konzern „News Corp.“ dominiert. Grünen-Chef Bob Brown sagte, es gebe auf dem hiesigen Zeitungsmarkt weniger Auswahl als in Großbritannien, vielerorts gebe es nur „Murdoch-Zeitungen“ zu kaufen.

Alles begann in Adelaide

Murdoch wurde 1931 in Melbourne im Bundesstaat Victoria geboren und übernahm mit 22 Jahren nach dem Tod seines Vaters dessen Medienfirma, die zwei Zeitungen in Adelaide (South Australia) besaß. Später erwarb und gründete er zahlreiche Print- und TV-Medien auch in den USA, Großbritannien und Asien, etwa die britische „Times“, den mächtigen Hongkonger Satellitensender „Star TV“ und den berüchtigt konservativen US-Sender „Fox News“. Seit 1985 ist er US-Bürger.

Die britische Medienregulierungsbehörde „Ofcom“ will nun untersuchen, ob Murdoch bzw. „News International“, der britische Zweig seines Konzerns, „tauglich“ sind, die bisher gehaltenen 39Prozent am TV-Sender „BSkyB“ weiter zu besitzen. Seinen seit Jahren verfolgten Plan zum gänzlichen Kauf des Senders hatte Murdoch am Mittwoch unter dem Druck des britischen Parlaments fallen lassen.

Dieses sowie Vizepremier Nick Clegg hatten Murdoch, seinen Sohn James (er leitet News International, siehe „Porträt des Tages“) sowie Rebekah Brooks, Ko-Chefin von News International, für Dienstag zum Erscheinen vor einem parlamentarischen Ausschuss aufgefordert, um zum Abhörskandal Stellung zu nehmen. Der Tycoon und sein Sohn denken aber nicht daran: Murdoch ließ Donnerstag ausrichten, dass er nicht kommen werde – es sei denn zu einer öffentlichen Anhörung, bei der auch die Rolle von Polizisten in dem Skandal beleuchtet werde. James Murdoch sagte, er könne vor August gar nicht erscheinen – als US-Bürger könnte der 38-Jährige auch nicht zwangsweise ins Parlament zitiert werden.

„Murdoch soll tun, was anständig ist“

Clegg meinte an die Adresse von Rupert Murdoch gerichtet, er solle „tun, was anständig ist“, also vor dem Ausschuss erscheinen. Es könne nicht sein, dass kleine Reporter ihren Job verlören und die Leute, die „in der Nahrungskette viel weiter oben sind“, nicht die Verantwortung übernähmen.

Scotland Yard nahm indes einen weiteren Ex-Chefredakteur von „News of the World“ fest. Neil Wallis (60) amtierte von 2007 bis 2009 und führt nun eine PR-Firma.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2011)

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