Das Verhältnis zwischen Zeitungsverlegern und dem ORF war immer schon ein gespaltenes. Seit Wrabetz mehr Geld und mehr Werbezeiten für seine zweite Amtszeit forderte, sind die Fronten verhärtet.
Im österreichischen Mediendschungel sind sie so etwas wie natürliche Feinde: der staatlich subventionierte ORF und die privaten Verlage und Rundfunkunternehmen. Das kürzlich präsentierte Bewerbungskonzept von Alexander Wrabetz für eine weitere Amtszeit als ORF-Chef hat sowohl beim Verlegerverband VÖZ als auch beim Privatsenderverband VÖP naturgemäß für Kritik gesorgt.
Wrabetz wünscht sich u.a. eine Fortsetzung der Gebührenrefundierung und eine Ausweitung der Werbezeiten. Auf die Verbände wirkt das maßlos und abgehoben. Für VÖP-Präsident und Styria-Vorstand Klaus Schweighofer war zuletzt ein „ernsthafter Sparwille im ORF“ erkennbar, die jüngsten Forderungen seien „völlig inakzeptabel“. Die Kritik der Verbände war auch deshalb so gut zu hören, weil sie die einzige blieb. Die Politik schweigt so knapp vor der politisch motivierten Bestellung des Generaldirektors. Wrabetz fühlt sich wiederum von den Verbänden „bewusst missverstanden“.
Das Verhältnis zwischen Verlegern und dem ORF ist also wieder etwas angespannt. Schon seit einigen Monaten beobachten die Printhäuser den Konkurrenten genau. Erst im Vorjahr wurde mit der Novelle des ORF-Gesetzes ein lange geforderter Kompromiss geschafft, der ORF bekam gesetzlich schärfere Werbebeschränkungen, vor allem für den Onlinebereich, erteilt. VÖZ-Präsident und „Wirtschaftsblatt“-Herausgeber Hans Gasser sagt: „Zwar ist seit Oktober 2010 das Gesetz neu, die Praxis der ORF-Verantwortlichen, gesetzliche Einschränkungen mehr als auszureizen, ist jedoch die alte geblieben. Ich kann mich daher des Eindrucks nicht erwehren, dass an einigen Verantwortlichen im ORF dieses Gesetz spurlos vorübergegangen ist.“ Bereits im Winter schöpften die Verleger den Verdacht, der ORF würde seine Online-Werbepreise dumpen und damit den gesamten Online-Werbemarkt ruinieren. Im Juni reichte der VÖZ bei der Medienbehörde KommAustria eine Prüfung gewisser Online-Vorhaben des ORF ein. Das Ergebnis der Behörde ist noch ausständig.
Einst gemeinsam gegen Dualfunk
Das Verhältnis zwischen Verlegern und ORF war nicht immer schlecht. Es gab Zeiten, in denen man sogar gemeinsam für oder gegen eine Sache kämpfte. So hatten ORF und Verleger mit Schuld daran, dass die Einführung des Privatrundfunks in Österreich lange verhindert wurde. Die Verleger befürchteten, der ORF würde noch mehr Kanäle starten und damit den Werbekuchen verkleinern. Der ORF hatte Angst, dass die Verlage private Radio- und TV-Sender gründen und ihm Konkurrenz machen würden. Deshalb blieb es lange Konsens, die Schaffung weiterer Fernsehsender gesetzlich zu verhindern. Erst die EU erklärte Österreich, dass dieser Pakt gegen den privaten Rundfunk grundrechtswidrig sei.
Größter Kritikpunkt der Privaten ist die Mischfinanzierung des ORF: anders als in anderen europäischen Ländern wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch Gebühren und Werbung finanziert. In wirtschaftlich angespannten Zeiten die Erhöhung beider Einnahmequellen zu verlangen, erscheint den Privaten maßlos.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2011)