Nach kleinem Eklat: Alles offen beim ORF-Standort

(c) Clemens Fabry
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Ein Umzug nach St. Marx scheint für manche passé. Alexander Wrabetz reagierte erschnupft auf das „Herummäkeln an den Zahlen“. Wiens Bürgermeister Michael Häupl hofft noch auf „die richtige Entscheidung“.

Auch wenn es nach Einschätzung des Wiener Stadtchefs Michael Häupl „nicht so ist, dass der Bürgermeister wünscht und der Küniglberg springt“, hört er nicht auf, genau darauf zu hoffen. Am Dienstag ließ er ausrichten, dass ein Umzug nach St. Marx (im dritten Bezirk) „gut für den ORF“ wäre: „Ich kann nur hoffen, sie treffen die richtige Entscheidung.“ Mit „sie“ meint er Alexander Wrabetz, der sich bisher besonders zierte, eine klare Präferenz für einen Standort abzugeben. Manche meinen, das liege daran, dass Wrabetz selbst nicht so genau wisse, wohin er will, aber glaubt, dem Bürgermeister einen Gefallen zu schulden.

Während Häupl noch hofft, sehen andere den Umzug nach St. Marx seit Montag abgefahren. Da hat die zehnköpfige „Arbeitsgruppe Standort“ innerhalb des Stiftungsrates enerviert das Handtuch geworfen, weil die von der ORF-Führung vorgelegten Zahlen „weder schlüssig noch vergleichbar“ gewesen seien. Drei Berechnungen hatte Wrabetz vorgelegt, die jeweils unterschiedliche Ergebnisse brachten: Einmal war St. Marx am teuersten, einmal wurden Synergien (für manche ein Synonym für „Personalabbau“) berücksichtigt und plötzlich war St. Marx günstigste Alternative – und am Ende war der Neubau im dritten Bezirk plötzlich doch wieder die zweitteuerste Variante.

Über all diesen Berechnungen haben die Stiftungsräte Überblick und Geduld verloren. Die von Wrabetz am Montag zaghaft geäußerte Präferenz für St. Marx hat die Arbeitsgruppe abgelehnt. ÖVP-Freundeskreisleiter Franz Medwenitsch lobt die Kollegen für ihre „konsequente und richtige Weichenstellung“ und Zentralbetriebsrat Gerhard Moser würde es „sehr wundern“, wenn Wrabetz an den „Wiener Standortplänen“ für St. Marx festhält, „nachdem eine vom Stiftungsrat bestellte und hochkarätig besetzte Arbeitsgruppe den Dienst quittiert hat“.

Wrabetz reagierte am Dienstag verschnupft auf das „Herummäkeln an den Zahlen“. Das Problem liege nicht bei ihm oder den Zahlen, sondern bei den Stiftungsräten. Viele von ihnen hätten „eine klare inhaltliche Vorfestlegung, die wahrscheinlich auch durch weitere Argumente nicht so leicht zu entkräften gewesen wäre“. Er wolle jedenfalls noch in diesem Halbjahr, voraussichtlich am 28. Juni, einen Antrag für den Standort im Stiftungsrat einbringen.

Standortdebatte wie ein Strudelteig

Die Lage ist verfahren, noch dazu drängt die Zeit, eine rasche Entscheidung wünschen sich alle beteiligten: „Niemand hält diese Dauerdebatte aus, die sich zieht wie ein Strudelteig“, sagt Norbert Kettner, Wien-Tourismus-Chef und SPÖ-naher Stiftungsrat. Selbst er, der nie ein Hehl daraus machte, dass er einen Neubau in St. Marx gut fände, sieht „das kosmische Fenster für den Umzug zugehen“. Der Arbeitsgruppe Immobilien will er aber keinen Vorwurf machen. „Die Signale der ORF-Führung waren einfach zu zwiespältig.“ Dennoch warnt Kettner jene, die nun jubeln und sich freuen, „dass alles bleibt wie's ist“. Denn auch wenn der ORF nicht umzieht, „bleibt uns ein komplexes Bauvorhaben, nämlich ein Umbau, und die Diskussion um die Zukunft des ORF nicht erspart.“

Würde Wrabetz diese Woche im Stiftungsrat für St. Marx plädieren, würde er vermutlich keine Mehrheit bekommen. Ändern könne sich das nur, glaubt Kettner, wenn es Wrabetz gelingt, bis Ende Juni einen Stimmungswandel unter den Stiftungsräten herbeizuführen. awa/APA

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